Am Objekt

Feuchte bei Holzfassaden

Wie gelingt die fachgerechte Ausführung einer Beschichtung auf PU-Harz-Basis (nicht)?

Text: Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kies | Foto (Header): © Thomas Kies

Für die Fassade eines aus mehreren Gebäuden bestehenden Schulneubaus wurde eine Fassadenbekleidung aus einer mehrlagigen Furnierschicht-Holzplatte mit einer transparenten Beschichtung auf PU-Harz-Basis geplant und ausgeführt. Bereits im ersten Jahr nach Fertigstellung zeigten sich auf allen Fassadenflächen mehr oder weniger ausgeprägte, auffällige Veränderungen. Anhand dieses beispielhaften Schadensbildes geht der Beitrag auf die Beschichtung von feuchtebelasteten Holzfassaden ein, gibt Tipps zur fachgerechten Ausführung und zeigt, an welcher Stelle besonders Acht zu geben ist.

Auszug aus:

Der SanierungsVorsprung
Ausgabe Dezember 2024 / Januar 2025
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Die Ausgangslage stellt sich wie folgt dar: Die Fassadenflächen sind mit unterschiedlichen Plattenformaten, jeweils mit offenen Fugen zwischen den Platten, belegt. Das System ist hinterlüftet und die Vertikalfugen sind durch die Unterkonstruktion geschlossen. Zwischen vertikaler Traglattung und Fassadenplatten ist ein Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk-Dichtungsband (EPDM-Dichtband) eingelegt. An den Horizontalstößen sind die Plattenoberkanten im 90°-Winkel geschnitten. Diese Stöße sind offen, es befindet sich keine Unterkonstruktion direkt hinter der Fuge. Als Beschichtungssystem wurde ein transparenter Flüssigkunststoff gewählt, wie er u. a. auch im Bootsbau verwendet wird. Die Platten sind mit Edelstahlschrauben sichtbar mit der Unterkonstruktion verschraubt.

Schadensbild

Im ersten Jahr nach Fertigstellung des Projekts zeigen nahezu alle Fassadenbereiche Schäden an den Beschichtungen und an den Fassadenplatten selbst in mehr oder weniger ausgeprägter Form. An den Flächen zeigen sich z. T. großflächige Ablösungen der Beschichtung, die sich teilweise mit Wasser gefüllt haben. Die Randzonen der Fassadenplatten sind insbesondere an der oberen Horizontalkante stark beschädigt. Die Schadensverteilung entspricht der nach der natürlichen Klimabelastung zu erwartenden, Ausprägung (s. Abbildung 4). Die Schadensbilder treten gehäuft an den stark bewitterten Fassadenflächen der Süd- und Westseiten auf. An den anderen Flächen sind sie in z. T. sichtlich abgeschwächter Form vorhanden, aber auch deutlich erkennbar. Hierbei sind zum einen farbliche Unterschiede in Form von vergrauten Deckfurnierflächen ersichtlich, zum anderen ist die Beschichtung, insbesondere an den bewitterten Schnittkanten, teilweise massiv zerstört.

An den nicht bewitterten Flächen unter dem Dach, wo sich die Eingangszone zur Schwimmhalle befindet, sowie im geschlossenen Foyer des Zentralbaus sind keine Veränderungen an den Fassadenplatten erkennbar. Die Grauverfärbung findet sich an den Stellen, an denen die Beschichtung bereits abgelöst ist. Hier kann Feuchtigkeit bzw. Wasser in die Deckfurnierlage eindringen. Diese erhöhte Feuchtigkeit führt in Verbindung mit UV-Strahlung zu einer Strukturveränderung in den Zellbaustoffen des Holzes und damit zu der  sichtbaren Vergrauung. Hinzu kommt, dass die erhöhte Feuchtigkeit die Ansiedelung von Schimmelpilzen begünstigt, was ebenfalls zu Farbveränderungen führt. Die Beschichtung der Fassadenplatten ist an diesen Stellen bereits gerissen oder aufgeplatzt und damit auch funktionsunfähig. Ein Witterungsschutz ist hier nicht mehr existent. Algen finden sich insbesondere in den Sockelbereichen auf den Nordseiten auf der Beschichtung. Auch sind in einigen Plattenfugen auf der Westseite bereits Fruchtkörper von Pilzen erkennbar.

Dieser Prozess kann als fortschreitend gesehen werden – die Schäden nehmen im Laufe der Zeit zu. Eindringende Feuchtigkeit führt zu Quellprozessen im Holz und zu Ablösungserscheinungen der Beschichtung, was wiederum durch die damit verbundene Querschnittsvergrößerung zu weiterem Aufreißen führt. Bei genauer Betrachtung erkennt man, dass die Schäden an direkt bewitterten Kanten mit stirnseitig angeschnittenem Deckfurnier schon wesentlich ausgeprägter sind als an anderen Stellen.

Allgemeine gutachterliche Betrachtungen zum Beschichtungssystem

Für die nachfolgenden gutachterlichen Betrachtungen ist die Kenntnis des Beschichtungssystems und dessen wesentlichen Eigenschaften von grundsätzlicher Relevanz.

Bei der hier verwendeten Beschichtung handelt es sich um eine lösungsmittelbasierte, mehrlagige Beschichtung mit hohem Festkörperanteil aus Polyurethan (PUR). Das Material härtet unter Luftfeuchtigkeit aus. Das System unterscheidet sich von üblichen Beschichtungen wie Holzschutzlasuren u. a. durch seine, für die dauerhafte Funktion zwingend erforderliche, Trockenschichtdicke von ca. 800 μm = 0,8 mm.

Die Komplexität des Systems erfordert bei der Verarbeitung ein hohes Maß an technischer Konsequenz, die nach Auffassung des Autors über das im holzverarbeitenden Handwerk übliche Maß deutlich hinausgeht. Die üblichen handwerklich verarbeiteten Beschichtungssysteme für Fassaden bestehen aus Dünn- oder Dickschichtlasuren mit Trockenschichtdicken zwischen 20 – 80 μm. Diese Systeme werden i. d. R. in bis zu drei Arbeitsgängen durch Streichen oder Rollen appliziert. Die Herausforderung in der Verarbeitung der gegenständlichen Beschichtung liegt nach Auffassung des Autors in der Aufbringung des Materials. Die Herstellervorgaben gehen zunächst von einer Applikation durch Walzen oder Rollen aus. Hierauf basieren insbesondere die Angaben über die Aufbringmengen der einzelnen Schichten und die dafür erforderliche Viskosität des Materials. Dabei ist zu beachten, dass die Applikation durch Spritzen eine deutlich niedrigere Viskosität erfordert als dies beim Rollen oder Walzen der Fall ist.

Nach ausführlicher Recherche, u. a. bei industriellen Beschichtern, hat sich gezeigt, dass hierzu die Zumischung von bis zu 40 % Lösungsmittel erforderlich ist, um das Material problemlos spritzbar zu machen. Diese Zugabe erhöht zunächst die rechnerisch erforderliche Aufbringmenge pro m², da dieses zusätzliche Lösungsmittel aus dem Beschichtungsmaterial beim Aushärten wieder austreten muss.

Durch die Aufbringung in mehreren Arbeitsgängen soll erreicht werden, dass die Schichtdicke von nahezu 1,0 mm, die für die langfristige Funktion der Beschichtung zwingend notwendig ist, auch erreicht wird.

Nach sorgfältiger Vorbereitung der rohen Platten durch Schleifen, Ausspachteln der Fehlstellen, insbesondere an den Schnittkanten und der Rundung der Kanten (Radius > 1,5 mm), erfolgt, so die Verarbeitungsrichtlinien des Herstellers, die Beschichtung in fünf Arbeitsgängen.

Die Aushärtung des einkomponentigen PUR-Systems erfolgt durch Reaktion mit der Luftfeuchtigkeit. Allerdings kann es bei einer Luftfeuchtigkeit > 75 %rH zu einer beschleunigten Aushärtung kommen, welche die Ausgasung von CO2 behindert. Dies kann zu Bläschenbildung und damit zur Störung der Lackschicht führen.

Beurteilung der Schäden

Bei genauer Betrachtung der schadhaften Stellen ist erkennbar, dass der Schadensverlauf seinen Ursprung in der Hauptsache an den direkt bewitterten Kanten hat. Dabei ist offensichtlich nicht relevant, ob es sich um die direkt bewitterte Oberkante der Platte handelt, auf der bei Regen Wassertropfen verbleiben, oder ob es sich um die waagerechte Plattenunterkante handelt, an der ebenfalls Tropfen hängen bleiben. Auch vertikale, direkt bewitterte Kanten sind betroffen. Die Mehrzahl der Schäden geht jedoch von den Plattenoberkanten aus.

Der schleichende Schadensverlauf legt den Schluss nahe, dass zunächst eine geringe Auffeuchtung unmittelbar an der Plattenstirnkante auftritt. Dadurch kommt es zu Quellvorgängen, die zunächst die senkrecht zum Faserverlauf angeschnittenen Furnierlagen betreffen. Hier findet eine schnellere Feuchtigkeitsaufnahme als parallel zur Faser statt. Durch das Quellen kommt es zu einer Volumenvergrößerung der Platte, die dann zu den ersten größeren Rissen in der Kantenbeschichtung führt. Aufgrund der zu geringen Schichtdicken ist die Beschichtung nicht in der Lage, selbst minimale Volumenvergrößerungen aufzunehmen. Durch diese Risse kann in der Folge immer mehr Wasser in die Platte eindringen, und es kommt folgend zum vollständigen Versagen der Beschichtung und damit des Wetterschutzes für die Fassadenplatte. In der maximal sichtbaren Ausprägung bilden sich Wasseransammlungen zwischen Beschichtung und Fassadenplatte.

Der hohe Diffusionswiderstand der Beschichtung behindert die schnelle Rücktrocknung im frühen Stadium des Schadensverlaufs und führt dazu, dass sich der Feuchtegehalt bei entsprechender Witterung weiter erhöht. Dies führt zu weiteren Quellvorgängen und zu einer Erweiterung des Schadensbildes. Die dann dadurch dauerhaft erhöhte Feuchtigkeit der Deckfurnierlage begünstigt zudem das Ansiedeln und das Wachstum von Schimmelpilzen.

Nachdem die konstruktiven Anforderungen an solche Fassaden hinsichtlich Unterkonstruktion und Detailausbildung mit wenigen Abweichungen, die nach Auffassung des Autors in keinem Kausalzusammenhang mit den Schadensbildern stehen, erfüllt sind, liegt die Vermutung nahe, dass die Schadensursache im Wesentlichen in der Hochleistungsbeschichtung liegt. Der verwendete Werkstoff COELAN® HighSolid besitzt einen relativ hohen Diffusionswiderstand und ist damit nicht als diffusionsoffen zu bezeichnen. Diese Aussage deckt sich im Wesentlichen mit der Feststellung im Gutachten des Fraunhofer-Instituts WKI. Dieser Umstand bringt jedoch zwangsläufig das Risiko mit sich, dass z. B. eventuell vorhandene Materialfeuchtigkeit oder durch mögliche Fehlstellen eingedrungene Feuchtigkeit nur sehr schwer wieder durch Diffusion austreten kann.

Zur Überprüfung der Beschichtung wurden je zwei Proben aus den Fassaden entnommen und im Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Abteilung Beschichtungssystem und Lackiertechnik, Stuttgart, labortechnisch untersucht. Hierbei ging es zum einen um die Frage, ob der Schichtaufbau (Schichtenfolge und Trockenschichtdicken) mit den Herstelleranforderungen übereinstimmt, und zum anderen um den fraglichen Punkt, was zur Ablösung der Beschichtung geführt hat. Mittels Querschliffen wurden die Schichtdicken an den Probeplatten bestimmt. Die Berechnung der aus den vorgeschriebenen Aufbringmengen der Hersteller sich ergebenden Trockenschichtdicken der transparenten Beschichtung ergab folgende Ergebnisse, welche sich in Abbildung 9 finden.

Damit kann festgestellt werden, dass beide Applikationstechniken deutlich unter den geforderten Trockenschichtdicken liegen. Insbesondere die Kantenbeschichtung weist an den Proben nur ca. 16 – 18 % der geforderten Schichtdicke auf. Die weitere Untersuchung der bislang unbeschädigten Platten sollte die Frage klären, ob der Umstand möglicher Diffusion durch die Beschichtung einen Einfluss auf das Versagen der Beschichtung haben könnte. Hierzu wurden die Platten durch Kondenswasser über mehrere Wochen in Anlehnung an die DIN EN ISO 6270-1 in der Klimakammer belastet. Die anschließende Prüfung ergab einen sehr guten Haftverbund auf den Holzflächen. Die Schnittkanten wurden jedoch als kritisch und schadensrelevant eingestuft.

Schadensursache

Die Funktion des Beschichtungssystems COELAN® als Wetterschutzbeschichtung hängt in entscheidendem Maße an der richtigen Ausführung einer fehlerfreien Beschichtung. Hierzu gehört zuallererst die Vorbereitung der Platte, das Runden aller Kanten > 1,5 – 2 mm, das Auffüllen von Fehlstellen mit COELAN®-Stellmittel und der Einsatz von COELAN®-Primer. Nach dem Aufbringen der farbigen Holzlasur muss sichergestellt werden, dass durch das gewählte Applikationsverfahren eine ausreichende Menge des Beschichtungsmaterials aufgebracht wird, um die geforderte Trockenschichtdicke zu erreichen.

Denn schadensursächlich ist nach den vorliegenden Untersuchungen zweifelsfrei die Nichteinhaltung der erforderlichen Trockenschichtdicken. Dies hat maßgeblichen Einfluss auf die Wasserdampfdurchlässigkeit (sd-Wert) der Beschichtung und auf die Fähigkeit, Bewegungen aus dem Untergrund, wie beispielsweise Quellen oder Schwinden, unbeschadet aufnehmen zu können. Durch die geringe Schichtdicke steigt das Risiko der Diffusion in die Deckfurniere der Platte, die dann, wenn auch nur minimal, quellen. Diese Bewegung kann durch die dünne Schicht an der Kante nicht aufgenommen werden und es kommt zur ersten, wenn auch sehr kleinen Verletzung der Beschichtung. Danach kann weitere Feuchtigkeit eindringen, und das Schadensbild entwickelt sich weiter. Damit liegt in diesem beispielhaften Fall zweifelsfrei ein Beschichtungsfehler vor. Dieser praxisnahe Beitrag zeigt daher, dass bei der Beschichtung von Holzfassaden, insbesondere, wenn Hochleistungsbeschichtungen verwendet werden, welche im Außenbereich Witterung und somit Feuchte ausgesetzt sind, eine Überwachung und Dokumentation unumgänglich sind. So können spätere Schäden an Fassadenplatten verhindert werden.

Zur Person

Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kies ist ö. b. u. v. Sachverständiger für Holzbau und Schäden an Holzbauten, vereidigt durch die IHK Karlsruhe, und arbeitet für Gerichte, Versicherungen, Baugesellschaften sowie private Bauherren. Spezialisiert auf Schäden im Holzbau, ist er auch international tätig – so etwa in Spanien, Frankreich, Österreich, Schweiz oder Russland. Zudem gibt er seine Erfahrungen als Referent und Fachautor weiter.

Kontakt
Internet: www.baupathologe.de

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