Zur Sanierung

Erfolgsüberprüfung von Schadstoffsanierungen

Über die fachgerechte Abnahme von Sanierungsleistungen

Text: Nicole Richardson, Jörg Thumulla | Foto (Header): © Alexey Novikov – stock.adobe.com

An einer Schadstoffsanierung sind in der Regel mehrere Akteure wie z. B. Bauherrschaft, Sachverständige, Planende und Sanierende beteiligt. Die Bauherrschaft gibt zusammen mit den Sachverständigen und Planenden die Ziele der Schadstoffsanierung vor. Sanierungen von Schad-, Bio- und Gefahrstoffen im Gebäudebestand (im Artikel zusammengefasst unter Schadstoffe) sind wie andere Bauleistungen Werkleistungen. Der Erfolg, also die vertragsgemäße Fertigstellung, muss ebenso wie der Erfolg anderer Bauleistungen abgenommen werden. Im Artikel lesen Sie mehr über die fachgerechte Abnahme von Schadstoffsanierungen.

Auszug aus:

der bauschaden
Ausgabe Oktober / November 2023
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Die Ausgangslage

Geregelt wird der Werkvertrag in § 631 des BGB:

„(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“

Die Herstellung des versprochenen Werkes stellt bei einer Schadstoffsanierung z. B. die (Teil-)Entfrachtung eines definierten Bereichs von (definierten) Schadstoffen dar
(= Sanierungsziel).

Die Abnahme sowie der damit verbundene Katalog an Pflichten und die Folgen der Abnahme sind in den §§ 641 bis 648 BGB geregelt. Besonders relevant ist hier, dass die Bestellenden (Auftraggebenden/Bauherrschaft) an dieser Stelle annehmen bzw. erklären, dass die vertraglich vorgegebenen Ziele erreicht worden sind. Die korrekte Abnahme einer Schadstoffsanierung kann also nur erfolgen, wenn analytisch die (ausreichende) Entfernung des Schadstoffs nachgewiesen wurde. Abnahmen ohne entsprechende Analyse führen zu einer Übernahme unbekannter Gefahren.

Es muss also im Rahmen einer Sanierungskontrolle überprüft werden, ob die Sanierungsziele erreicht, also die vereinbarten Tätigkeiten vertragsgemäß erbracht wurden. Unter einer Sanierungskontrolle wird der Vergleich zwischen der Ausführung vor Ort und den geforderten Leistungen, die z. B. in einem Gutachten zur Sanierungsdurchführung, einem Sanierungskonzept oder einer detaillierten Leistungsbeschreibung dargestellt wurden, verstanden.

Anders als bei vielen anderen Bauleistungen, ist der Erfolg einer Schadstoffsanierung aber häufig optisch nicht einfach erkennbar. Hierzu bedarf es neben optischer Kontrollen auch chemisch oder mikrobiologisch analytischer Untersuchungen und dazugehöriger Bewertungskriterien, die den Sanierungserfolg, also das Erreichen der Sanierungsziele, bestätigen.

 

Definition von Sanierungszielen

Die Definition von Sanierungszielen ist wesentlich als Grundlage für die Durchführung von Sanierungskontrollen im Rahmen der Abnahme von Sanierungsleistungen. Diese Sanierungsziele können projektbezogen angepasst sein und/oder werden durch Verordnungen oder Richtlinien vorgeben. In jedem Fall müssen sich Bauherrschaft, Sachverständige und Planende Gedanken vor Ausschreibung der Sanierungsleistungen darüber machen, wie eine Abnahme der Sanierungsleistung – also eine Überprüfung der Erreichung des Sanierungszieles oder von Teilschritten von Sanierungszielen – erfolgt.

Das Erreichen auch analytisch zu prüfender Sanierungsziele sollte bereits im Sanierungsvertrag festgelegt werden, um späteren Unstimmigkeiten über die Bewertung des Erfolgs der Sanierungsmaßnahme vorzubeugen.

Die Durchführung von Schadstoffsanierungen in Gebäuden kann auf unterschiedlichen Motivationen beruhen und unterschiedlichen Zielen dienen:

• Nutzerschutz: Beseitigung einer Gefährdung der Nutzenden und (Wieder-)Herstellung einer innenraumhygienisch akzeptablen Raumluftqualität
• Arbeitsschutz: Ermöglichen von Arbeiten im Gebäude wie die Durchführung von Instandhaltungsarbeiten (z. B. Erneuerung der Elektroinstallation) ohne Gefährdung der Arbeitenden
• Werterhalt von Gebäuden: Durch Vermeidung zukünftiger Risiken, beispielsweise im Rahmen von Gebäudezertifizierungen.
• Umweltschutz: Sicherstellung des getrennten Rückbaus der Schadstoffe vor Gebäuderückbau, um eine gefahrlose Wiederverwertung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und der Ersatzbaustoffverordnung zu schaffen, sowie die Entfrachtung des Gebäudes von persistenten organischen Schadstoffen, um eine Freisetzung in die Umwelt zu verhindern

 

Möglichkeiten der Sanierungskontrolle

Eine der wirksamsten Sanierungskontrollen ist die sachverständige Begleitung des Sanierungsprozesses. Damit kann gewährleistet werden, dass die Schadstoffe vollständig ausgebaut werden und dies auch dokumentiert wird.

Zudem können im besten Fall Fehler im Prozess erkannt und abgestellt werden. Im schlechteren Fall werden Probleme zwar erkannt, aber nicht abgestellt. Dies ist dann im Rahmen der Abnahme zu berücksichtigen. Oftmals findet eine solche Sanierungsbegleitung jedoch nicht statt. Eine aussagekräftige Sanierungskontrolle ist nur vor Durchführung jeglicher Wiederherstellungsmaßnahmen möglich. Für alle Sanierungskontrollen gilt, dass eine visuelle Inspektion erfolgen muss, ob die Schadstoffe gemäß Vorgaben des Gutachtens oder der im Sanierungsprozess getroffenen Absprachen entfernt wurden. Neben der visuellen Inspektion ist für Sanierungskontrollen die Durchführung von Raumluft- oder weiteren laboranalytischen Untersuchungen notwendig.

 

Flüchtigkeit von Schadstoffen und sekundäre Kontaminationen

Um die Messergebnisse von Sanierungskontrolluntersuchungen verstehen und einordnen zu können, muss man sich mit den chemisch-physikalischen Eigenschaften der Schadstoffe beschäftigen. Im Vordergrund steht die Flüchtigkeit der Substanzen, wobei zwischen flüchtigen, halbflüchtigen und partikelgebundenen bzw. partikelförmigen Schadstoffen zu unterscheiden ist. Abhängig von der Flüchtigkeit können Schadstoffe ursprünglich nicht belastete Bauteiloberflächen kontaminieren, was als Sekundärkontamination bezeichnet wird.

Flüchtige organische Schadstoffe
Flüchtige organische Verbindungen wie beispielsweise Lösemittel (VOC) kommen praktisch ausschließlich gasförmig in der Raumluft vor. Bei einer Sanierung muss die Quelle entfernt oder so weit abgeschottet werden, dass im Innenraum keine relevanten Immissionen mehr nachweisbar sind.

VOC lagern sich zwar auch auf anderen Bauteiloberflächen ab, aufgrund ihres hohen Dampfdrucks verflüchtigen sich diese Sekundarkontaminationen bei ausreichendem Luftwechsel jedoch innerhalb weniger Tage bis Wochen. Insofern ist eine Raumluftuntersuchung zur Überprüfung des Sanierungserfolgs ausreichend. Bei Sanierungen durch Abschottungsmaßnahmen sollte mit weiteren Messungen im zeitlichen Abstand die Dauerhaftigkeit der Abschottung sichergestellt werden.

Mittel bis schwerflüchtige organische Schadstoffe
Zu den mittel- bis schwerflüchtigen organischen Schadstoffen (SVOC, Semi volatile organic compunds) gehören Substanzen mit einem Siedepunkt oberhalb von 250 bis 300 °C. Beispiele sind Biozide, wie Pentachlorphenol oder Lindan, die in der Vergangenheit verbreitet als Holschutzmittel in Gebäuden eingesetzt wurden. Weitere typische SVOC sind die Gruppe der PCB (Polychlorierte Biphenyle), die bis Ende der 1970er Jahre im Gebäudebestand beispielsweise in Fugendichtmassen oder Oberflächenbeschichtungen eingesetzt wurden.

SVOC sind noch ausreichend flüchtig, um (toxikologisch) relevante Raumluftkonzentration zu erzeugen. Sie sind aber bereits so schwerflüchtig, dass sie eine relevante Tendenz haben, sich an zunächst nicht kontaminierte Oberflächen anzulagern. Dies führt zu langanhaltenden sekundären Kontaminationen auf diesen Oberflächen.

Einige Schadstoffgruppen wie die Polycyclischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), die insbesondere über teerhaltige Produkte in Gebäude eingebracht wurden, bestehen aus einer Vielzahl von Substanzen mit unterschiedlicher Flüchtigkeit. Während die kleineren Moleküle wie Naphthalin, 1-Methyl- und 2-Methylnaphthalin eher noch zu den VOC gehören nimmt ihre Flüchtigkeit mit zunehmender Größe ab. Das PAK Benzo(a)pyren mit einem Siedepunkt von 495 °C gehört zu den schwerflüchtigen Substanzen, die praktisch nur noch an Oberflächen bzw. partikelgebunden auftreten.

Wegen dieser unterschiedlichen Eigenschaften sind auch unterschiedliche Messverfahren zur Bestimmung der Gruppe der PAK in der Raumluft notwendig. Die obrge Tabelle gibt einen Überblick, ob gängige Schadstoffe als partikelgebunden oder gasförmig auftreten.

Partikel- und faserförmige Schadstoffe
Zu dieser Schadstoffgruppe gehören Asbest,künstliche Mineralfasern, Schimmelpilzsporen sowie Mycelbruchstücke. Sie sind nicht flüchtig und sedimentieren mit der Zeit als Liegestäube. Solange diese Liegestäube nicht aufgewirbelt werden, sind sie in der Raumluft kaum nachweisbar. Für Sanierungskontrolluntersuchungen ist daher immer auch eine Provokation der Oberflächen durch Anblasen notwendig.

 

Raumluftuntersuchungen zur Sanierungskontrolle

Raumluftuntersuchungen sind für die Aufhebung von Schutzmaßnahmen im Sanierungsbereich (Schwarzbereich) erforderlich, wenn als Sanierungsziel der Arbeits- und/oder Nutzerschutz angegeben sind. Auch Oberflächenproben werden für die Sanierungskontrolle diskutiert. Hier stellt sich jedoch die Frage nach einer ausreichenden Repräsentativität der Möglichkeit der quantitativen Erfassung der Schadstoffe von porösen Oberflächen.

Partikelförmige Gefahrstoffe
Für die Sanierungskontrolle ist zu prüfen, ob
1. die Reinigung ausreichend vorgenommen wurde,
2. noch Quellen mit Emissionspotenzial vorliegen, die nicht ausreichend entfernt wurden.

Für faserförmige Partikel wie Asbest (und analog KMF) sowie Schimmelpilze liegen jeweils harmonisierte und in der Praxis bewährte Verfahren für eine Sanierungskontrolle vor. Bei der Probenahme für eine Sanierungskontrolle ist eine geeignete Raumvorbereitung erforderlich. Diese stellt sicher, dass die Raumluft ausreichend durchmischt ist und aufgrund fehlender Luftbewegung sedimentierte partikelförmige oder partikelgebundene Stoffe aufgewirbelt werden. Für die Sanierungsziele, die über den reinen Arbeits- und Nutzerschutz hinausgehen, ist die Durchführung von Raumluftmessungen nicht ausreichend, da auch Schadstoffe erfasst werden müssen, die ohne Eingriffe in die Bausubstanz keine Emissionen in die Raumluft abgeben. Beispiele können teerhaltige Schwarzabdichtungen unter Fliesenbelägen oder asbesthaltige Spachtelmassen, Putze oder Fliesenkleber sein.

Asbest und KMF
In der VDI 3492 werden Erfolgskontrollmessungen nach vorläufigen Maßnahmen oder nach Abschluss einer Asbestsanierung zur Aufhebung von Schutzmaßnahmen beschrieben.

Ziel der Kontrolle ist die Überprüfung, ob die Faserkonzentration unterhalb der in der Asbest-Richtlinie der Länder bzw. der die Gefahrstoffverordnung konkretisierenden Technischen Regeln TRGS 519 und TRGS 910 festgesetzten Grenzwerte liegt. Hierbei sind zwei Bedingungen einzuhalten:

1. Die Asbestfaserkonzentration darf 500 Fasern/m³ nicht überschreiten.
2. Die Obergrenze des aus der Anzahl der Asbestfasern nach der Poissonverteilung bestimmten 95-%-Vertrauensbereichs darf 1.000 Fasern/m³ nicht überschreiten.

Gemessen wird in dem Raum, in dem die Maßnahmen durchgeführt wurden. Die Anzahl der Proben ist in Abhängigkeit von der Raumgröße und -geometrie gemäß VDI 3492 zu ermitteln.

Der Raum muss feingereinigt und die asbesthaltigen Bauteile müssen entfernt oder bei Verbleib fachgerecht eingekapselt sein. Die Räume sind nicht belüftet, die Unterdruckhaltung ist außer Betrieb. Oberflächen müssen abgetrocknet sein, weil feuchte Oberflächen zu einer temporären Faserbindung führen und dadurch einen Sanierungserfolg vortäuschen können. Die relative Luftfeuchte im Prüfbereich darf 80 % nicht übersteigen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass Kondensat an den Goldfiltern zu Minderbefunden bei der Auswertung führt.

In der VDI 3492 wird beschrieben, dass zur Mobilisierung unsichtbar abgelagerter Faserstäube das einmalige Anblasen von 5 % der Oberflächen, aber mindestens 5 m2 im Umkreis von 3 bis 5 m um das Probenahmegerät mit einem Luftstrom von 4 m/s (± 20 %) an der Oberfläche ausreicht.

Wird als Luftstromerzeuger ein akkubetriebene Ventilator oder Laubbläser verwendet, ist der Aufwand durch das Anblasen eher gering. Zur besseren Absicherung können damit deutlich mehr Prozent der Oberflächen angeblasen werden. Das Ziel ist es, mit dieser Methode den Reinigungszustand zu überprüfen. Liegen die Ergebnisse der Raumluftmessungen unterhalb der Grenzwerte von 500 Fasern/m³ bzw. 1.000 Fasern/m³ ist die Sanierung als erfolgreich zu bewerten und der Sanierungsbereich kann aufgehoben werden.

Schimmelpilze
Neben der visuellen Inspektion muss durch eine Raumluftuntersuchung geprüft werden, ob das belastete Material vollständig entfernt wurde und ob die Reinigung ausreichend durchgeführt ist. Die Sanierungskontrolle erfolgt nach der Feinreinigung im Sanierungsbereich und vor Rückbau der Abschottung des Sanierungsbereichs und dem Beginn der Wiederherstellung. Gemäß WTA-Merkblatt 4–12, welches die Ziele und Kontrolle von Schimmelpilzsanierungen beschreibt, wird die Messung durch eine Partikelsammlung auf einem Objektträger und eine direktmikroskopische Untersuchung (Gesamtsporen) durchgeführt.

Die Mobilisierung der sedimentierten Partikel erfolgt durch gezieltes Anblasen mit einem Luftstromerzeuger an mindestens 50 % der Oberflächen mit einer Strömungsgeschwindigkeit
von 1 bis 4 m/s an der Bauteiloberfläche. Die Einhaltung des definierten Zeitraums von 10 min von der Mobilisation bis zur Messung ist wichtig, da in dieser Zeit schwere mineralische Partikel bereits sedimentiert sind. Zu viele große Staubpartikel könnten die Auswertbarkeit der Messung beeinflussen. Ist die Wartezeit zu lange, sedimentieren auch bereits größere Schimmelsporen, sodass keine reproduzierbaren Ergebnisse erreicht werden (Richardson 2016).

Die Anzahl der Proben sollte repräsentativ für die zu untersuchenden Oberflächen sein und sich an den Vorgaben der VDI 3492 (Messen anorganischer faserförmiger Partikel) orientieren. In der nächsten Tabelle (Bild 4) sind die Sanierungszielwerte dargestellt.

Da es bei einer Kontrolle der Gesamtsporen nicht auf wenige Sporen mehr oder weniger ankommt, wurde zusätzlich definiert, dass Überschreitungen der Konzentration bis max. 50 % für einen Typ bzw. eine Gattung akzeptabel sind, wenn die Zielwerte für alle übrigen Typen/Gattungen sicher eingehalten werden.

Die Praxis zeigt, dass bei Fehlern im Sanierungsprozess die Zielwerte um den Faktor 100 und mehr überschritten werden können. Bei dieser Messmethode werden Partikel wie Sporen oder Mycelbruchstücke erfasst. Dies ist für eine Überprüfung der Feinreinigung ausreichend. Liegt bei der Sanierung nicht berücksichtigter verdeckter Schimmelpilzbefall vor, ist die Methode der Gesamtsporensammlung zum Ausschluss möglicher gesundheitlicher Gefährdungen nicht ausreichend. Die Messung weiterer Schimmelpilzbestandteile wie z. B. Mykotoxine oder Endotoxine nach Aufwirbelung in der Raumluft können die Aussagesicherheit erhöhen.

 

Sanierungskontrollen SVOC

Für Gefahrstoffe wie PCB, PAK, Holzschutzmittel, Schwermetalle etc. liegen bislang keine harmonisierten Verfahren zur Sanierungskontrolle direkt nach Entfernung der Quellen und der Feinreinigung vor. Eine mögliche Vorgehensweise soll beispielhaft für PCB dargestellt werden. Die PCB-Richtlinie NRW schreibt beispielsweise vor, dass der Erfolg der Sanierungsmaßnahmen durch Raumluftmessungen vor der erneuten Nutzung der Räume, d. h. vor Wiederaufbau, nachgewiesen werden muss. Vor der Messung zur Erfolgskontrolle soll geprüft werden, ob PCB-haltige Baustoffe oder Bauteile sowie Staub auch tatsächlich überall entfernt bzw. beschichtet oder räumlich getrennt wurden. Messungen dürfen nach der Nassreinigung oder Beschichtung erst durchgeführt werden, wenn die Oberflächen trocken sind. Insbesondere bei PCBSanierungen sind die Messwerte direkt nach der Entfrachtung in vielen Fällen höher als erwartet.

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass eine visuelle Einschätzung, ob Stäube ausreichend entfernt sind, nicht sicher möglich ist. Da von einer ausreichenden Entfernung der Stäube auch abhängt, ob die Sanierungszielwerte erreicht werden, ist es notwendig, den Reinigungszustand auch durch Messungen zu beurteilen. Da ein harmonisiertes Verfahren hierfür bisher nicht vorliegt, wird vorgeschlagen, eine Messung nach Mobilisierung der Liegestäube analog der Vorgehensweise bei Asbest oder Schimmelpilzen durchzuführen. Wegen der durch SVOC hervorgerufenen Sekundärkontaminationen an Oberflächen ist jedoch zusätzlich eine Messung vor Mobilisierung durchzuführen. Das folgende Fallbeispiel zeigt, dass dadurch eine Differenzierung zwischen der Qualität der Feinreinigung und der Vollständigkeit der Entfernung der Quellen möglich ist.

 

Fallbeispiele

PCB-Sanierung
Im Rahmen einer Schulsanierung und Erweiterung müssen PCB-haltige Fugendichtmassen an der Außenfassade ausgebaut werden. In einem Bereich ist der gründliche Ausbau besonders wichtig, weil bei einer Gebäudeerweiterung eine ehemalige Außenfassade mit Waschbeton zur Innenwand wird, sodass auch die Fugenflanken entfernt werden müssen.

Weitere PCB-Quellen waren in dem Raum nicht vorhanden. Gleichzeitig mussten asbesthaltige Brandschutzplatten entfernt werden, sodass die Sanierungskontrolle auf Asbest und PCB durchzuführen war. Für PCB wurde je eine Raumluftmessung vor und nach der Mobilisierung durchgeführt. Die nebenstehende Tabelle (Bild 6) zeigt die Ergebnisse.

Die durchgeführte Raumluftuntersuchung zeigt, dass die Feinreinigung erfolgreich durchgeführt wurde und keine mobilisierbaren PCB-haltigen Stäube mehr vorhanden sind. Die Konzentration der PCB in der Raumluft hat sich durch die Mobilisierung nicht signifikant erhöht. Das wird durch das Ergebnis der Asbestuntersuchung bestätigt, die eine niedrige Filterbelegung und keinen Nachweis von Asbestfasern ergab. Es zeigt aber auch, dass noch relevante PCB-Quellen im Raum vorhanden sind. Die optische Inspektion ergibt, dass die Fugendichtmasse am Rand nicht vollständig entfernt war. Die Laboranalytik zeigt einen PCB-Gehalt von 83.000 mg/kg (Summe nach LAGA).

Das Beispiel dokumentiert, dass durch den Vergleich der Untersuchungsergebnisse der Raumluft, nach und vor Mobilisierung, die Qualität der Feinreinigung unabhängig von der Vollständigkeit der Sanierung geprüft werden kann und dadurch die Verantwortung für eine nicht gelungene Sanierung dem Sanierer (nicht ausreichende Feinreinigung der sanierungsbedingten Stäube bzw. nicht ausreichende Entfernung) oder dem Sachverständigen (nicht vollständige Identifizierung der Quellen) zugewiesen werden kann.

Arsen in Museumsdepots
Textile Sammlungsgüter wurden in der Vergangenheit konserviert, indem sie mit Bioziden behandelt wurden. Besonders kritisch ist dies aufgrund der großen kanzerogenen Wirkung von Arsen. Zusammen mit dem Einsatz arsenhaltiger Produktionsmittel, wie beispielsweise Arsenseife bei der Hutherstellung oder von Farbpigmenten bei historischen Bucheinbänden (Schweinfurter Grün) führt dies beim Umgang mit Sammlungsgütern dazu, dass komplette Depots mit arsenhaltigen Liegestäuben kontaminiert werden.

Um die notwendigen Schutzmaßnahmen bei staubaufwirbelnden Tätigkeiten aufzuheben, ist nach Absonderung bzw. Einhausung primär kontaminierter Sammlungsgüter eine Beseitigung kontaminierter Liegestäube von Raum- und Inventaroberflächen notwendig. Der Erfolg einer solchen Feinreinigung kann ebenfalls durch eine Raumluftmessung nach Mobilisierung festgestellt werden. Die Akzeptanzkonzentration für Arsen liegt nach TRGS 910 bei 0,83 μg/m3.

Für Asbestfasern liegt die Akzeptanzkonzentration bei 10.000 Fasern/m3. Analog zu den Regelungen zu Asbest, bei denen die Einhaltung eines Grenzwertes von 10 % der Akzeptanzkonzentration (also 1.000 Fasern/m3) sicherzustellen ist, ist für kanzerogene Schadstoffe wie Arsen ebenfalls ein Sanierungszielwert von 10 % der Akzeptanzkonzentration anzusetzen.

Literatur

Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-Richtlinie) (Länderrichtlinie, z. B. NRW-Fassung vom Januar 1996; Ministerialblatt NRW Nr. 51 vom 2. September 1997); Asbestrichtlinie weitestgehend übereinstimmend in allen Bundesländern (basiert auf der Musterleitlinie des DIBT).

Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden (PCB-Richtlinie NRW) RdErl. d. Ministeriums für Bauen und Wohnen v. 03.07.1996-II B 4–476.101 (Am 01.01.2003: MSWKS), PCB-Richtlinien in Bezug auf das Zitat weitgehend übereinstimmend in allen Bundesländern.

Richardson, Nicole (2016): Reproduzierbare Messbedingungen für Schimmelpilze am Beispiel des WTA-Merkblattes zur Sanierungskontrolle AGÖF Reader: Ergebnisse des 11. Fachkongresses, 2016 Bamberg

TRGS 519: Asbest-Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl. 2022 S. 269– 272 v. 31.3.2022

TRGS 910: Technische Regeln für Gefahrstoffe: Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen, zuletzt geändert und ergänzt: GMBl. 2023, S. 627 [Nr. 30] (vom 20.04.2023), Berichtigt: GMBl. 2023, S. 679 [Nr. 32] (vom 05.05.2023)

VDI 3492:2013–06: Messen von Innenraumluftverunreinigungen – Messen von Immissionen – Messen anorganischer faserförmiger Partikel – Rasterelektronenmikroskopisches Verfahren

WTA Merkblatt 4–12:2021–05: Ziele und Kontrolle von Schimmelpilzschadensanierungen in Innenräumen

Zur Person

Nicole Richardson ist Diplom-Biologin und seit 1999 öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Innenraumschadstoffe und Schimmelpilze. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin der Sachverständigengesellschaft Richardson mbH. Sie ist Mitglied der Innenraumhygienekommission des Umweltbundesamtes (IRK) und leitet den Bundesfachbereich Innenraumhygiene BVS im Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e. V. und arbeitet in diversen Arbeitskreisen zur Erstellung von VDI Richtlinien mit.

Kontakt
Sachverständigengesellschaft
Richardson mbH
Husemannstr. 17, 58452 Witten
Internet: www.sv-richardson.de
E-Mail: info@sv-richardson.de

Jörg Thumulla ist Diplom-Chemiker und seit 2005 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schadstoffe und Gerüche in Innenräumen. Er ist Gründungsmitglied und Geschäftsführer der anbus analytik GmbH, Gesellschaft für Umweltanalytik, Gebäudediagnostik und Umweltkommunikation. Er war langjähriger Vorstand der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute (AGÖF) e. V. und ist Mitglied der Innenraumhygienekommission des Umweltbundesamtes (IRK).

Kontakt
anbus analytik GmbH
Mathildenstraße 48, 90762 Fürth
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