Zur Sanierung

Instandsetzung von Fassadenputzen

Ganz einfach oder doch kompliziert?

Text: Harry Luik | Foto (Header): © Harry Luik

Neben der energetischen Modernisierung mit Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) ist die Instandsetzung von Fassadenputzen nach wie vor ein weites Feld. Darunter fallen Putze sowohl auf Mauerwerk als auch auf WDVS. Beide Konstruktionsarten haben ihre Besonderheiten in Bezug auf deren Schadensbilder, und doch lassen sie sich in ähnlicher Art instand setzen. In diesem Artikel soll weniger auf die Schadenursachen als auf die Möglichkeiten der flächigen Instandsetzung eingegangen werden, denn allein diese birgt Fehlerquellen genug. Schließlich sollen mit der Instandsetzung Probleme beseitigt und nicht geschaffen werden.

Auszug aus:

der bauschaden
Ausgabe August / September 2023
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Inspektion

Grundlage für jede Art der Bearbeitung einer Fassade ist die Inspektion. Dabei sind nicht nur die Schadensursachen zu ermitteln, sondern auch die vorhandenen Materialen, um darauf abgestimmte Produkte für ein Instandsetzungskonzept festlegen zu können.

Untergrundprüfung

Der Umfang einer Instandsetzung wird in erster Linie von den Schäden bestimmt. Der Übergang zwischen fehlerhafter Verarbeitung und naturgemäßer Alterung ist fließend. Sind Schäden vorhanden, die nicht auf Alterung beruhen, ist der Fehler gezielt zu beseitigen. Leider werden geschädigte Altfassaden oft ohne fachgerechte Vorbereitung mit einem Armierungsputz oder einem Anstrich versehen, in der Hoffnung, dass die neue Putzlage oder die Farbschicht die Mängel überdeckt. Bei falschen Kombinationen kann es zu einem beschleunigten Wiederauftreten des Schadens kommen. Schließlich muss der neue Aufbau vom Bestand physikalisch getragen werden, was die Kenntnis über die vorhandene Druckfestigkeit erfordert. Die allseits bekannte Grundregel, dass in Putzsystemen jede nachfolgende Putzlage nicht härter sein darf als der Putzgrund, gilt auch bei der Instandsetzung.

Dies wird kritisch, wenn der Altputz seine Druckfestigkeit über die Alterung verloren hat oder bereits von Beginn an einer niedrigen Druckfestigkeitsklasse angehört. Jahrzehntealte Bestandsfassaden aus Kalk oder Kalkzementputz, die über keinen Anstrich verfügen oder bei denen sich der Anstrich weitgehend abgebaut hat, haben keine ausreichende Tragfähigkeit für zusätzliche Beschichtungen. Übliche Armierungsputze oder selbst filmbildende Anstriche können dem Putz „den Rest“ geben. Die Idee, dass neue Beschichtungen die Untergründe vor weiterem Verfall schützen, ist gut gemeint, nur leider oft schädlich. Nicht tragende Lagen müssen entfernt werden. Putzfestiger wirken je nach Porengefüge nur an der Oberfläche, sodass eine Durchfestigung nicht erreicht werden kann.

Je mehr Farbschichten und Putzlagen vorhanden sind, desto kritischer wird jeder zusätzliche Materialauftrag. Die unterste Schicht muss alles darauf folgende tragen und deren Spannungen, die von der Oberfläche herrühren, übernehmen und in den Untergrund leiten. Wurde die erste Lage fehlerhaft, z. B. auf kreidendem Untergrund aufgebracht, kann diese sich selbst und vielleicht noch eine Überholungsbeschichtung über Jahre hinweg tragen. Mit jeder Schicht steigt die Spannung und es kommt zur Ablösung (Bild 1). Gitterschnittprüfungen haben sich hier sehr bewährt und sind Bestandteil gewerkeüblicher Untergrundprüfungen.

Weiter ist die chemisch-mineralogische Verträglichkeit zu prüfen. Werden alte Farbschichten überputzt, sind diese auf Alkalibeständigkeit zu prüfen. Kalk- und zementhaltige Armierungsputze können nicht alkalibeständige Untergründe bereits beim Anbringen im feuchten Zustand aufweichen. Alte Farbschichten können durchaus bei mechanischer Prüfung eine hohe Festigkeit und gute Haftung aufweisen. Der Schein kann trügen, weshalb auf alten Untergründen eine Gewebeabzugsprüfung durchgeführt werden sollte. Dazu eine sichere Prüfmethode [4]: Auf die Fassade wird ein Gewebestreifen mit ca. 30 × 60 cm in den geplanten Armierungsputz eingebettet. Nach ca. 7 Tagen wird das Gewebe abgezogen. Bricht das Gewebe aus dem Putz heraus, ist der Haftverbund gegeben. Löst sich der Armierungsputz mit dem Gewebe vom Untergrund, ist der Haftverbund nicht gegeben bzw. es liegt eine Unverträglichkeit vor.

Nach der Druckfestigkeit und der mineralogischen Verträglichkeit ist noch das Diffusionsgefälle zu beachten. Wie bei der Druckfestigkeit sollte der Diffusionswiderstand der einzelnen Schichten von innen nach außen nicht zunehmen, insbesondere bei weichen Putzen. Auf einen Kalkputz darf demnach kein organischer Armierungsputz angewandt werden. Das Prinzip gilt sowohl für Putzlagen als auch für Farbschichten.

Vorbehandlungen

Putzgrundvorbehandlungen sollen die technischen Defizite des Untergrundes ausgleichen. Diese sind entweder Bindung von Kreidung, Erhöhung der Festigkeit und/oder der Wasserabweisung. Es gibt Grundierungen, die beides kombinieren können. Es ist jedoch darauf zu achten, dass der Untergrund nur so weit wie erforderlich ertüchtigt wird und nicht mehr. Zu vermeiden ist sowohl die Überhärtung bzw. „Verglasung“ der Oberfläche als auch die völlige Wasserabweisung, da nachfolgende Putzschichten eine gewisse Saugfähigkeit benötigen. Die Grundierung ist auf den Untergrund einzustellen. Für den Erhalt der Putzfestigung weicher mineralischer Putze ist es sinnvoll, eine 1:1 mit Wasser verdünnte Kaliwasserglaslösung (Silikatfixativ) mehrfach feucht in feucht aufzutragen. Eine unverdünnte Applikation wäre dagegen schädlich. Der Erfolg der Vorbehandlung ist vor der weiteren Beschichtung zu prüfen.

Sollte ein weicher Putz lediglich gestrichen werden, weil er weitgehend intakt ist, können mineralische Grundierungen (Kaliwasserglas, siehe vorheriger Absatz) und Dispersions-Silikatfarben angewandt werden. Der Vorteil von Silikatprodukten ist, dass sie in den Untergrund eindringen und dort den Untergrund durch Verkieselung festigen. Bei angepasster Grundierung kann so ein Anstrichsystem aufgebracht werden, ohne den Bestandsputz durch unnötige Spannungen zu belasten. Zudem sind mineralische Produkte nicht nur diffusionsoffen (wie übrigens auch Silikonharzprodukte), sondern auch porös und somit artgleich und passend zu mineralischen Putzen. In der Praxis macht es keinen Unterschied, ob der Bestand putz oder nur farbtechnisch überarbeitet wird. Allein die Untergrundvorbereitung muss den Untergrund ertüchtigen. Erst dann dürfen weitere Lagen und Farbschichten appliziert werden.

Rissbehandlung

Es gibt keine Fassaden ohne Risse. Die in Bild 3 nachgezeichneten Risse in einem WDVS sind völlig normal. Und dennoch liegt ein technischer Mangel vor, allerdings aufgrund der Verfärbungen. Es gilt daher akribisch zu unterscheiden, welche Art von Rissen vorliegen, um die richtige Rissbehandlung zu wählen. Siehe dazu auch das WTA-Merkblatt 2–4 [4], welches bewährte und anerkannte Maßnahmen aufzeigt. Zu unterscheiden sind folgende Risstypen:

Putzbedingte Risse

Haarrisse, die in der Fachwelt gerne pauschal mit der maximalen Breite von 0,2 mm definiert werden, sind nur dann unkritisch, wenn der Putz nach [1] in der Klasse W2 wasserabweisend ist. Dann kann aufgrund der Hydrophobie kein Wasser in den Riss eindringen. Ist der Riss trotz einer Breite < 2 mm saugend, ist das nur dann kein Problem, wenn die Farbbeschichtung ebenfalls kapillaraktiv und nicht wasserabweisend ist. Da die üblichen am Markt befindlichen Farben (darunter auch Dispersions-Silikatfarben) wasserabweisend eingestellt sind, kann es zu folgenden Schadensprozessen kommen: Selbst feinste Mikrorisse im Putz, die mit dem bloßen Auge nicht erkennbar sind, sorgen dafür, dass auch der Farbfilm bricht und Regenwasser über Kapillarkräfte in den kapillar leitfähigen Putz gezogen wird. Aufgrund der wasserabweisenden Farbschicht verteilt sich das Regenwasser in der Putzebene. Eine Rücktrocknung kann jedoch nur über Diffusion in der Fläche stattfinden, was im Vergleich zu der kapillaren Wasseraufnahme über die Risse viel zu wenig ist. Es kommt zu einer Feuchteanreicherung unter der wasserabweisenden Farbschicht, die sich mit der Zeit fleckenartig abbildet. Hier wird deutlich, dass die Rissbreite allein nicht pauschal zur Bewertung herangezogen werden darf.

Untergründe wie in Bild 2 und 4 müssen zwingend vollflächig mit einer hydrophobierenden Imprägnierung vorbehandelt werden. Die Risse saugen sich voll und werden dadurch unschädlich. Mit einem nachfolgenden Anstrichsystem ist die Instandsetzung abgeschlossen. Es bedarf keiner Überarbeitung mit einem Armierungsputz.

Sackrisse, Schwindrisse, Schrumpfrisse, Fettrisse oder Kerbrisse können auch breitere Ausmaße haben. Meist sind es ruhende Risse oder die Verformungen sind gering. Auch hier hat es sich bewährt, die Risse – sofern saugend – vor dem Verschluss zu hydrophobieren, um sie unschädlich zu machen. Der Verschluss kann dann mit quarzgefülltem Voranstrich, entweder punktuell oder als vollflächige Grundierung erfolgen. Der Verschluss der Risse ist dann zwar starr, jedoch käme es bei einem erneuten Aufbruch aufgrund der Hydrophobierung nicht zu einem Wassereintrag, der weitere Schäden zur Folge haben könnte.

Ist eine Vielzahl von Rissen vorhanden und liegen die Rissbreiten über ca. 0,2 mm, ist im Allgemeinen eine vollflächige Armierung auszuführen. Immer wieder werden in solchen Fällen rissüberbrückende Farben angeboten, die allerdings ihre Tücken haben, die hier benannt werden sollten. Damit Beschichtungen rissüberbrückende Eigenschaften bekommen, ist neben armierenden Fasern als Zuschlag auch eine hohe Polymervergütung erforderlich. Die Überbrückung wird noch besser, je dicker die Farbschicht wird, wofür Fasern und andere Füllstoffe sorgen. Es handelt sich dann ausschließlich um organische Farbschichten, die einen sehr hohen Sd-Wert von über 2 m aufweisen. Im Vergleich zu einem zweifachen Silikonharz- oder Dispersions-Silikatanstrich ist dies etwa das 40-Fache.

Liegt jedoch ein Putz mit einer hohen Druckfestigkeit (Zementputz), CS III, hoher Wasserabweisung (W2) und gegebenenfalls einer sehr gut tragfähigen Altbeschichtung ohne jegliche Feuchteeinflüsse und Diffusionsanforderungen vor, steht der Anwendung nichts im Wege. Es funktioniert gut, solange es keine Feuchtehinterwanderungen gibt. Die Rissüberbrückung ist damit zwingend ihrer Funktion verpflichtet.

Schon geringe kapillare Feuchtigkeitseinwirkungen im Sockelbereich oder an Anschlussfugen können zu kritischen Auffeuchtungen und erhöhtem Dampfdruck unter der Farbschicht führen, weil weder ausreichende Diffusion noch Trocknungskapillarität gegeben ist. Weniger druckfeste, mineralische Putze halten diesen Belastungen auf Dauer nicht stand. Die Folge sind Blasenbildungen und Ablösung. Problematisch ist dann die Instandsetzung der Instandsetzung, denn jede neue Schicht verschlechtert die Situation. Vor diesem Hintergrund ist ein starrer, diffusionsoffener Rissverschluss mit Hydrophobierung der Risse in den allermeisten Fällen die nachhaltigere Lösung, als die mit rissüberbrückenden, diffusionsbremsenden Anstrichen.

Putzgrundbedingte Risse

Risse, die sich aus Verformungen des Wandbildners ergeben, sind in den allermeisten Fällen nicht ruhend. Nur in besonderen Fällen mit überschaubarem Risiko ist die oben beschriebene Anstrichlösung möglich. Allgemein finden hier Armierungsputze Anwendung.

Konstruktionsbedingte Risse

Hier liegen dynamische Verformung vor, die unkalkulierbar und viel zu groß für das Prinzip der farbtechnischen Rissüberbrückung oder putztechnischen Armierung sind. Solche Risse sind zu entkoppeln. Dies kann gemäß WTA-Merkblatt [4] mit Putzträgerstreifen auf Trennlagen erfolgen.

Alternativ hierzu können auch Vliese eingelegt werden. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen:

Entlang des Rissverlaufs wird ein ca. 10 bis 20 cm breites Polyestervlies oder Nadelfilzvlies vollflächig mit flexiblem Dispersionskleber aufgeklebt. Um sichtbare Erhöhungen in der Fläche zu vermeiden, sollte der Oberputz für diesen Streifen vorher entfernt und der Untergrund grundiert werden. Diese Vlieseinlagen mit ca. 0,8 bis 2 mm Dicke sorgen für eine weiche und gleichzeitig kraftschlüssige Überbrückung des Verformungsbereichs.

Anschließend ist ein vollflächiger Amierungsputz anzubringen. Die Verformung kann auf der gesamten Breite des Vliesstreifens auf Mikrorisse verteilt werden. Dies ist wesentlich effektiver, als bei einer direkten Armierung, da hier die Spannung unmittelbar und konzentriert auf das Gewebe einwirkt.

Setzungsrisse und Mauerwerksabrisse sind als Dehnfuge auszubilden. Selten ist an einem Gebäude die Rissklassifizierung klar und einfach. Meist überschneiden sich die Ursachen, sodass Kombinationen der Maßnahmen sinnvoll sein können.

Einzelschäden

Egal, welche Instandsetzung gewählt wird. Auch bei einer vollflächigen Armierung sind Einzelschäden vor der Überarbeitung instand zu setzen, indem alle nicht tragfähigen Bereiche entfernt und artgleich ersetzt werden. Die Grenze, bei der von einer Überbrückung von Einzelschäden wie Hohllagen durch ein Armierungsputzsystem gesprochen werden kann, liegt bei einem handtellergroßen punktuellen Bereich.

Richtungswahl

Mineralisch, organisch oder eine Kombination daraus? Die Antwort sollte nicht Geschmackssache sein, sondern den Anforderungen des Bauwerks folgen. Organisch gebundene Putze auf Kunstharzbasis haben unbestritten die höhere Elastizität. Alles zum Vorteil, wenn es um die Rissvermeidung geht. In vielen Fällen ist die Anwendung eines organischen Armierungsputzes mit vollflächiger Gewebeeinlage und einer Schlussbeschichtung mit Kunstharz oder Silikonharzputz die einzige Möglichkeit einer sicheren Instandsetzung. Doch auch hier ist es wichtig zu wissen, dass die Wasserdampfdiffusion gegenüber der mineralischen Variante deutlich eingeschränkt ist. Ausnahmen stellen Silikonharzprodukte dar, die bei hochwertiger Formulierung einen ähnlich geringen Diffusionswiderstand aufweisen wie mineralische Produkte. Die Anwendung von organischen Systemen bietet sich immer dann an, wenn der zu beschichtende Untergrund sehr gut tragfähig und feuchtetechnisch unproblematisch ist. Dann lassen sich auch größere Spannungen schadenfrei im Putzsystem abbauen. Bindemitteltechnisch kritische Untergründe, insbesondere weichere Bestandsfassaden aus Kalk-, Kalkzement oder Silikatputzen sind in den seltensten Fällen für Instandsetzungen auf organischer Basis geeignet. Es gilt immer wieder: Das Gesamtsystem muss materialtechnisch harmonieren. Es reicht nicht, wenn nur die letzte Putzlage oder Farbschicht – isoliert betrachtet – funktioniert.

Armierungsputze

Die Eigenschaften der am Markt befindlichen Armierungsputze sind sehr unterschiedlich. Ursprünglich kommt der Armierungsputz aus dem WDVS-Bereich und hat sich in viele Richtungen entwickelt. Dünnlagenputze, Dicklagenputze, mit und ohne Leichtzuschläge, mit und ohne Fasern, weiche und harte Formulierungen zwischen den Druckfestigkeitsklassen CSII und CS IV. Bei falscher Anwendung kann z. B. ein zu harter Armierungsputz auf einem weichen Bestandsputz zu Spannungsrissen führen. Die Gewebeeinlage kann dabei solche Eigenspannungen nicht verhindern. Aber warum funktioniert ein sehr druckfester Armierungsputz problemlos auf einem weichen Dämmstoff und nicht auf einem weichen Bestandsputz? Das Prinzip der Entkoppelung wird bei Putz auf Dämmstoffen nahezu vollständig erfüllt. Die Putzlage schwimmt frei auf den weichen Dämmplatten, weshalb die Stabilität des Putzes entweder über höhere Putzdicke, druckfestere Armierungsputze oder über eine hohe Biegezugfestigkeit erreicht wird. Alle Prinzipien funktionieren unabhängig vom Untergrund. Bei der Anwendung auf Bestandsputzen ist solch eine nahezu vollständige Entkoppelung nicht möglich. Hier werden undefinierte Spannungen aus dem Untergrund in den Armierungsputz übertragen. Nur ein richtiges Druckfestigkeitsgefälle von innen nach außen sorgt dafür, dass die Spannungen nicht an die Oberfläche übertragen werden. Schwierig wird es dann, wenn der Bestandsputz bereits eine geringe Druckfestigkeit aufweist, die einerseits nicht gemessen werden kann, schätzungsweise oft im Bereich der Druckfestigkeitsbereich der CSI liegt. Für solche Fälle eignen sich Armierungsputze mit einem sehr hohem Anteil Leichtzuschläge, da diese geringe E-Module aufweisen. Die Eigenschaften sind den Technischen Merkblättern zu entnehmen, und falls diese dort nicht angegeben sind, können sie beim Hersteller angefragt werden. Armierungsputze, die demnach auf WDVS sehr gut funktionieren, können auf Altfassaden zu erheblichen Spannungsrissen führen. Das Problem ist dann nachhaltig, und eine weitere Instandsetzung ist nur durch Rückbau möglich, denn weitere Armierungsputzlagen können den Fehler im Druckfestigkeitsgefälle nicht beheben.

Oberputze

Die Auswahl des Oberputzes ergibt sich meist aus dem verwendeten Armierungsputz und der gewünschten Eigenschaft an der Oberfläche. Dispersionsputze empfehlen sich bei intensiver Tönung oder erhöhter mechanischer Belastung z. B. in intensiv genutzten Laubengängen. So können Kombinationen aus mineralischem Armierungsputz und organischem Oberputz durchaus sinnvoll sein. Eine wesentliche Verbesserung der Oberputzqualität wird durch Quarzgrundierungen vor Applikation des Oberputzes erzielt. Dadurch wird vermieden, dass der Abbindeprozess zu schnell abläuft. Die Ausbildung der technischen Eigenschaften wie Wasserabweisung und Druckfestigkeit wird dadurch gefördert.

Anstrichsysteme

Hier ist es zunächst eine Richtungswahl und auch Geschmacksache, ob mineralische oder organische Anstriche zum Einsatz kommen. In den allermeisten Fällen wird die Entscheidung zwischen den diffusionsoffenen Dispersions-Silikat- oder echten Silikonharzfarben gefällt. Dispersionsfarben werden meist nur bei intensiver Tönung angewandt und 2-K-Silikatfarben dann, wenn ein durchgängig mineralisches Putzsystem gefordert wird. Die am Markt befindlichen Hybridfarben führen leider zu technischen Unklarheiten, wenn das Bindemittel gar nicht mehr definiert wird. Deshalb empfiehlt es sich dringend. die technischen Daten aus den Merkblättern (μ- bzw. Sd-Werte) oder dem Sicherheitsdatenblatt (Inhaltsstoffe in Abschnitt 3) zu entnehmen, um einen eigenen Eindruck vom Charakter der Farbe zu bekommen.

Fazit

Weniger ist oft mehr. Diese Aussage bezieht sich natürlich nicht auf den technischen Aufwand zur Prüfung und Auseinandersetzung mit dem Bestand und dem angestrebten Gesamtaufbau, der mit der Instandsetzung entsteht. Gerade geschädigte Bestandsfassaden weisen Defizite auf, die bereits durch ordentliche Untergrundprüfungen und genau abgestimmte Untergrundertüchtigungen meist beseitigt werden können. Ist eine vollflächige Überarbeitung notwendig, dann ist sie dem Untergrund anzupassen. Leider weisen viele Gebäude die eine oder andere falsche oder unnötige Schicht zu viel auf, die am Ende zum Versagen führt. Diese Fehler gilt es zu vermeiden.

Literatur

[1] DIN EN 13914–1 Planung, Zubereitung und Ausführung von Innen und Außenputzen. Teil 1: Außenputz
[2] DIN 31051 Grundlagen der Instandhaltung
[3] DIN 18550–1 Planung, Zubereitung und Ausführung von Außen- und Innenputzen Teil 1: Außenputze
[4] WTA-Merkblatt Beurteilung und Instandsetzung gerissener Putze an Fassaden 2–4
[5] WTA-Merkblatt 2–12, Fassadenanstriche für mineralische Untergründe in der Bauwerkserhaltung und Baudenkmalpflege
[6] WTA-Merkblatt 2–13, WDVS
[7] BFS-Merkblatt 9, Beschichtung auf mineralischen und pastösen Außenputzen
[8] BFS-Merkblatt 19, Risse in Außenputzen Beschichtung und Armierung
[9] BFS-Merkblatt 19.1, Risse in unverputztem und verputztem Mauerwerk […] Ursachen und Bearbeitungsmöglichkeiten

Zur Person

Harry Luik Dipl.-Ing. (FH), Architekt, Mediator, Stuckateurmeister, Gebäudeenergieberater, Sachverständiger für Schäden an Gebäuden (IFBau), für die Fachgebiete Ausbau, Fassade, Trockenbau und Schimmelpilz von der Handwerkskammer Reutlingen öffentlich bestellt und vereidigt. Buchautor, Dozent, Lehrbeauftragter und Mitautor technischer Richtlinien und Merkblätter des Fachverbandes der Stuckateure für Ausbau und Fassade in Baden-Württemberg und der WTA. Mitglied des Internationalen Sachverständigen-Kreises ISK (D-A-CH-FL-I)

Kontakt www.harryluik.de

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