Zur Sanierung

Wetterfest und langlebig

Fachgerechte Abdichtung von Steildächern

Text: Marius Amann | Foto (Header): © Sirisakboakaew – stock.adobe.com

Das Dach ist die fünfte Fassade eines Hauses. Bis vor einigen Jahrzehnten hatte das Dach durch steil ausgeführte Konstruktionen und vor allem durch Mansarddächer starken Einfluss auf die (anderen) Fassaden. Auch in der modernen Architektur kann das Dach als prägendes Element eingesetzt werden. Dieser Beitrag legt detailliert dar, wie dicht ausgeführte Lösungen für flache, aber auch variable Neigungen von Steildächern funktionieren.

Auszug aus:

der bauschaden
Ausgabe August / September 2024
Jetzt Leser/-in werden

Steildächer sind im Aufbau und in der Gestaltung äußerst vielfältig. Der Übergang von einem Flachdach zu einem geneigten Dach ist dabei fließend. In der Normung und den Richtlinien zur Ausführung von Dachabdichtungen und Dacheindeckungen wird weder in Österreich noch in Deutschland eine klare Grenze über die Neigung definiert. Die Dachkonstruktion, die Dachneigung, die Witterungseinflüsse, die Innengestaltung der Dachschräge, die Nutzung des Gebäudes sowie die energetischen Anforderungen sind dabei die maßgeblichen Faktoren bei der Auswahl der geeigneten Steildach-Systemlösung. An dieser Stelle muss bereits entschieden werden, ob ein klassisches Steildach mit Eindeckung wie Ziegel, Betonsteine, Metallplatten, Schindeln etc. gewählt oder ob ein abgedichtetes Steildach ausgeführt wird.

Die zwei hauptsächlich dabei zu beachtenden Kriterien sind die Dachneigung und die „Nutzung“ der Dachfläche. Besonders bei der üblichen Ausführung der Steildächer als Holzkonstruktion wird die Ausführung einer hinterlüfteten Dacheindeckung, Dachabdichtung oder eine offene Tragkonstruktion empfohlen, um mögliche Diffusionsprobleme zu vermeiden.

 

Dacheindeckung versus Dachabdichtung

Je nach Ausführungsart wird zwischen Dacheindeckung und Dachabdichtung unterschieden. Beim Steildach werden Dachabdichtungen gleich wie am Flachdach ausgeführt (flachdachmäßig abgedichtetes Dach). Hier sind v. a. Kunststoffdachbahnen (wie beispielsweise TPO/FPO- oder PVC-Dachbahnen) oder Bitumenbahnen gängige Produkte in der Praxis. Kleine Flächen werden mit Flüssigkunststoff ausgeführt. Die Gestaltung erfolgt hierbei oftmals über die Farbe, aber auch über zusätzliche Aufbauten wie ein Gründach oder strukturgebende Elemente wie eine darüber gelegte Holzlattung. Grundsätzlich sind fast alle Dacheindeckungen für den Steildachbereich geeignet. Je nach Abdichtungsart muss auf die Standfestigkeit der Bahn bei der gewählten Neigung geachtet werden. Dies betrifft v. a. Bitumenbahnen, welche in zu weicher Formulierung auch bei höheren Neigungen abfließen können. Sichtbare Abdichtungsprodukte müssen natürlich UV-beständig ausgeführt und entsprechend mechanisch fixiert sowie mit dem Untergrund verbunden werden.

Dacheindeckungen sind im Gegensatz nur Wasser ableitend, gelten aber nicht als wasserdichte Ebene. Typische Produkte für Dacheindeckungen sind Dachsteine, Dachziegel, Faserzementplatten, Schindeln, Metalldeckungen, Schieferdeckungen genauso wie beispielsweise Reetdächer. Hier gibt es durch die Art der Eindeckung, deren Form und der Farbgebung eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten. Bei Dacheindeckungen ist auf die vom Hersteller angeführte Mindestdachneigung zu achten. Daraus ergibt sich, dass besonders bei flachen Neigungen nicht alle Produkte in gleichem Maße geeignet sind.

Flache Dachneigungen am Steildach

Der Trend in den letzten Jahrzehnten zu immer flacher geneigten Dächern und der an sich gleichen Ausführung wie bei steil geneigten Schrägdächern führt teilweise zu Problemen und Schäden. Dacheindeckungen bei sehr flachen Neigungen unter 10° haben oftmals keine ausreichende Wasserableitung, wodurch es durch Winddruck oder auch Wasserrückstau aufgrund Schneebedeckung zu Wassereintritten kommt. Diese werden bestenfalls über die Unterdachbahnebene abgeführt, sofern diese in adäquater Qualität vorhanden ist. Andernfalls führen die Wassereintritte zu Feuchteschäden in der Tragkonstruktion bzw. im Gebäude.

Generell gilt, dass alle Anschlüsse luftdicht angeschlossen werden müssen. Dies ist besonders beim Holzbau immens wichtig, um eine Luftströmung in die Konstruktion zu vermeiden. Hierzu zählen in erster Linie die Wandanschlüsse, bei denen es teilweise zu Materialwechseln in der Tragkonstruktion kommt. Der Übergang von auskragenden Bauteilen ist ebenfalls kritisch.

Generell sind alle Dachdurchdringungen von Interesse. Auf den Wasserablauf auf dem Unterdach (unter der Eindeckung) oder auf der möglichen Dachabdichtung des Steildaches ist besonders zu achten, damit das Niederschlagswasser sicher abgeleitet wird. Damit ergibt sich, dass dichte Unterdächer und abgedichtete Steildächer bei allen Anschlussbereichen wasser- und luftdicht angeschlossen werden müssen. Die Dacheindeckungen im Gegensatz entwässern oft abtropfend und sind nicht vollkommen dicht angeschlossen. Dies ist eine Unterscheidung einer Abdichtung von einer Eindeckung. Auch wenn ein abgedichtetes Steildach in eine vorgehängte Rinne entwässert, dann erfolgt das „Abtropfen“ über einen mit der Abdichtung fachgerecht verbundenen Einlaufwinkel. Bei Kunststoffabdichtungen ist das oft ein folienkaschiertes Blech auf das homogen geschweißt wird. Bei Bitumenabdichtungen wird hierzu ein Blech fachgerecht zwischen zwei Lagen eingebunden. Damit wird ein Hochziehen des Wassers verhindert und der Anschluss ist rücklaufsicher ausgebildet.

 

Hinterlüftete und nicht hinterlüftete Dachaufbauten

Bei der Dachabdichtung auf Holzkonstruktionen gibt es grundsätzlich die drei folgenden Möglichkeiten der Ausführung:

  • hinterlüftetes Dach
  • nicht hinterlüftetes Dach sowie eine
  • nach unten offene Tragkonstruktion.

Alle Möglichkeiten sind prinzipiell umsetzbar, dennoch sollte auf bestimmte Punkte achtgegeben werden, um Folgeschäden durch eindringenden Wasserdampf zu vermeiden. Das hinterlüftete Dach ist dabei deutlich weniger fehleranfällig, da durch eine richtig ausgeführte Belüftung Feuchtigkeit aus dem Aufbau abtransportiert werden kann. Hier wird ähnlich einem klassisch eingedeckten Steildachaufbau die Dachabdichtung auf eine hinterlüftete Ebene montiert und darunter wird ein dichtes Unterdach verlegt. Wichtig ist, dass diese Bahnen diffusionsoffen (sd -Wert < 0,3 m) sind. Das Unterdach schützt in der Folge das Gebäude im Fall eines Schadens oder einer Undichtigkeit an der primären Dach-Abdichtungsebene sicher vor Wassereintritt.

Feuchte Luft, die in die Konstruktion gelangt, kann ebenso durch die Diffusionsfähigkeit entweichen und kondensiert damit nicht an der Unterseite der Dachabdichtung bzw. in der Holzkonstruktion. Durch diesen Aufbau sind feuchtigkeitsbezogene Probleme im Dachaufbau nahezu ausgeschlossen und Anschlussfehler in der Dampfsperre werden eher verziehen. Dadurch eignet sich dieser Aufbau v. a. bei der Umrüstung von einem eingedeckten Dach hin zu einem abgedichteten Dach, da hierfür nicht der komplette Dachaufbau von innen nach außen geändert werden muss. Die Bauphysik und insbesondere die Dampfdiffusionsthematik bleibt durch die weiterhin vorhandene Hinterlüftungsebene gleich. Umso flacher die Dachneigung aber ist, umso mehr muss auf eine funktionierende und ordentlich ausgeführte Hinterlüftung geachtet werden, da der Kamineffekt mit der abnehmenden Neigung geringer wird.

Beim zweiten Typus, dem nicht hinterlüfteten Dach, kann die Dämmung der Holzkonstruktion in verschiedenen Lagen zwischen den Sparren, unter und auf der Tragkonstruktion, realisiert werden. Eine Kombination von Zwischensparren-Dämmung und Aufsparren-Dämmung ist aufgrund der oftmals geforderten U-Werte sehr häufig. Bei der Zwischensparrendämmung ist jedoch das größte Schadenspotenzial vorhanden. Da die Dämmung zwischen den Sparren bzw. der Tragkonstruktion liegt, müssen die Träger zwangsläufig komplett „eingepackt“ werden. In die Elemente eindringende Feuchtigkeit kann, wenn sich direkt oberhalb des Holz-Wärmedämmverbunds eine Dachabdichtung ohne Hinterlüftung befindet, nicht mehr ausreichend entweichen. Dadurch werden in der Konstruktion keinerlei Fehler verziehen. Jede noch so kleine Fehlstelle und Leckage durch eine fehlerhafte Verklebung an Anschlüssen oder einer Installation im Deckenbereich kann auf Dauer zu einem kompletten Verfaulen der Tragkonstruktion führen.

Bei schräg ausgeführten Beton- oder auch Stahlkonstruktionen kann diese Aufbauart mit deutlich geringerem Gefahrenpotenzial als bei feuchtempfindlichen Tragkonstruktionen ausgeführt werden. Diese sind aber oft von innen sichtbar und daher eher wie folgt zu erkennen:

Die dritte und nicht minder gut geeignete Möglichkeit ist es, die Tragkonstruktion innen sichtbar bzw. nach innen nicht eingesperrt durch Dampfbremsen etc. auszuführen. Damit hat die Tragkonstruktion immer die Möglichkeit, in Richtung Rauminneres abzutrocknen. Feuchtigkeit, welche sich im Dachaufbau bildet, wirkt dabei beispielsweise nicht schädigend auf die Tragkonstruktion. Der komplette Aufbau ab Dampfbremse über Wärmedämmung bis hin zur Abdichtung beim Schrägdach wird dabei oberhalb der tragenden Elemente ausgeführt. Optische Verkleidungen durch abgehängte Decken sind natürlich auch bei diesem Aufbau möglich. Wichtig ist dabei, dass diese nicht luftdicht und raumabschließend wirken.

 

Unterdachbahn: diffusionsoffen und dicht

Bei den Unterdachbahnen gibt es grundsätzlich verschiedene Typen, welche im Steildachbereich unter der Eindeckung und auch unter der Abdichtung (beim hinterlüfteten Dachaufbau) eingebaut werden können. Kunststoffunterdachbahnen gibt es in einer sehr einfachen Ausführung. Diese sind meistens relativ dünn und werden im Überlappungsbereich einfach verklebt. Sie erfüllen niedrige Anforderungen. Hochwertige Kunststoff-Unterdachbahnen hingegen werden homogen verschweißt und schützen bei geplanten und ungeplanten Niederschlagsbeanspruchung sicher die Dachkonstruktion.

Mit hochwertigen, erhöht regensicheren und dicht verschweißten Unterdachbahnen sind damit flache Dachneigungen beim Steildach sicher realisierbar. In der Umsetzung sollten bei geplanten Indach-PV-Anlagen und flachen Dachneigungen (auch wenn diese die Regeldachneigung noch nicht unterschreiten) grundsätzlich erhöht regensichere Unterdachbahnen eingebaut werden.

Die dritte Form der Unterdachbahnen sind bituminöse Bahnen, die entweder selbstklebend gestaltet sind oder dicht verflämmt werden. Diese haben zwar einen guten Widerstand gegen eindringendes Wasser, jedoch auch den großen Nachteil, dass sie nicht diffusionsoffen sind und daher gerade bei ausgebauten Dachgeschossen zu Problemen führen können. Nicht zu flache Dachneigungen, eine schnelle Eindeckung des Daches sowie bei den Anschlusdetails auf eine gute Ausführung zu achten, führt zu einer längeren Lebensdauer des Unterdaches und des kompletten Steildaches oder des hinterlüfteten, abgedichteten Schrägdaches.

 

Begrüntes Steildach

Ein begrüntes Steildach, auch als Schrägdachbegrünung bezeichnet, ist eine ökologische Möglichkeit, ein Dach zu gestalten, bei der Sedumpflanzen, Gräser etc. auf dem Dach angepflanzt werden. Die Begrünung von Steildächern erfordert besondere Planung und Vorbereitung, um sicherzustellen, dass das Dach die Belastung des Gründachsubstrats tragen kann und die Pflanzen ausreichend Wasser und Nährstoffe erhalten. Je nach Dachneigung müssen dabei unterschiedliche Systeme zur Schubaufnahme und Lastabtragung eingebaut werden. Um der Erosion entgegenzuwirken sind teilweise vorkultivierte Sedummatten sinnvoll.

Auf dem Dach muss dazu eine wasserdichte Abdichtungsschicht angebracht werden, um die Dachkonstruktion vor Wassereintritt und Durchwurzelung zu schützen. Eine Kombination mit einer Dacheindeckung ist aufgrund der fehlenden Wurzelfestigkeit (durch die Überlappungsstöße) und der fehlenden Dichtheit nicht zu empfehlen. Desto mehr Überlappungsstöße die Eindeckung aufweist, umso kritischer wird eine darauf aufgebrachte Begrünung.

Besonders bei Dachbegrünungen muss noch mehr auf die richtige Anordnung der verschiedenen Schichten geachtet werden. Eine Begrünung gilt technisch als dampfsperrende Schicht (durch das Wasser im Schichtenpaket), wodurch konstruierte Probleme im Aufbau noch stärkere Auswirkungen haben und anfallendes Tauwasser nicht mehr durch die Dachabdichtung ausdiffundieren kann.

Aus diesem Grund wird als Untergrund für eine Begrünung eine hinterlüftete Dachkonstruktion beim Holzbau empfohlen. Damit ist ein Entweichen von Feuchtigkeit im Dachaufbau durch das diffusionsoffene Unterdach unterhalb der Hinterlüftungsebene möglich. Gleichzeitig ergibt sich damit eine zweite dichte Schicht, die auch eine Notdachfunktion erfüllt.

Zur Person

Marius Amann MBA

stieg nach Abschluss der Höheren Technischen Lehranstalt im Bereich Hochbau und einem anschließenden Studium der Betriebswirtschaft an der FH Vorarlberg sowie einer Entrepreneurship an der Universität Liechtenstein 2010 beim technischen Dach-Fachhandel Amann ein. Er baute dort die Sparte der Dachschulungen aus. Seit 2015 ist er Geschäftsführer bei Amann, die DachMarke. 2017 startete der Aufbau der Wissensplattform DachKompetenz.at. Seit Ende 2019 bietet das Unternehmen eine eigene Online-Lernplattform an.

Kontakt
Internet: www.amann-dachmarke.at
E-Mail: marius@amann-dachmarke.at

JETZT ABONNEMENT ANFORDERN UND KEINE AUSGABE VERPASSEN:

Der SanierungsVorsprung

Fachzeitschrift zur Beurteilung, Sanierung und Vermeidung von Bauschäden