Zur Sanierung

Schlechter Geruch?

Gerüche in Innenräumen erkennen und effektiv beseitigen

Text: Martina Clemens-Ströwer | Foto (Header): © Krakenimages.com – stock.adobe.com

Schlechte Gerüche in Innenräumen beeinträchtigen die Wohn- und Lebensqualität und verweisen häufig auf das Vorhandensein gesundheitsschädigender Substanzen. Umso wichtiger ist es, die Gerüche zu analysieren und ihre Ursachen im Gebäude zu verorten. Denn nur so können geeignete Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden.

Auszug aus:

der bauschaden
Ausgabe April / Mai 2022
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Unserem Geruchssinn wird im Alltag oft weniger Bedeutung zugeschrieben als v. a. dem Hören und Sehen. Alle Sinneswahrnehmungen werden uns nur in geringem Maß bewusst, besonders dann, wenn wir uns auf sie konzentrieren, obwohl Sinnesdaten kontinuierlich erfasst und verarbeitet werden. Kulturell bedingt, sind wir stark auf das Hören und Sehen konzentriert, während das, was wir riechen, uns meist nur ins Bewusstsein dringt, wenn es sich um besonders intensive olfaktorische Reize handelt – beispielsweise ein (zu) intensives Parfum, Schweißgeruch, Zigarettenrauch oder verdorbene Lebensmittel. Das Besondere an unserer Geruchswahrnehmung ist, dass eine starke Verbindung mit unseren emotionalen Empfindungen besteht.

Grund dafür ist die Kopplung des Geruchssinns mit dem limbischen System in unserem Gehirn, in dem unsere Emotionen verarbeitet werden. Ob wir einen Geruch als angenehm oder unangenehm und störend empfinden, hat mit den persönlichen Erfahrungen des Einzelnen sowie seiner kulturellen Prägung zu tun. Manch einer empfindet den Geruch von Lösemitteln als angenehm, weil er an Bastelarbeiten in seiner Kindheit erinnert wird, während andere diesen Geruch als unangenehm empfinden, weil damit z. B. der ungewollte Umzug in eine neu renovierte Wohnung verbunden ist. Ebenso gibt es Kulturen, die starken Parfumgeruch als angenehm und Anzeichen von Gesundheit werten, während in anderen Kulturräumen zu starkes Auftragen von Parfum als aufdringlich empfunden wird.

Auch die Fähigkeit des Riechens ist individuell unterschiedlich. Ein Extrem ist die sogenannte Anosmie, bei der keine Gerüche wahrgenommen werden können; das andere Extrem sind sehr geruchsempfindliche Personen, die schon kleinste Mengen eines Geruchsstoffs riechen können, während der überwiegende Teil der Personen noch gar nichts riecht. Diese Spannweite individueller Bewertung und Empfindung von Gerüchen erschwert ihre objektive Darstellung und so auch ihre Einstufung in neutrale, allgemeingültige Bewertungsprinzipien. Es gibt aber Ausnahmen: Beißende, fäkalienartige und abwasserartige Gerüche oder Gerüche nach Brand und Verwesung werden von den allermeisten Menschen als unangenehm und nicht akzeptabel empfunden. Sie führen häufig zu Beschwerden, können Ängste vor einer schädlichen Wirkung auslösen und letztlich rechtliche Auseinandersetzungen zur Folge haben.

Die Bewertung von Gerüchen in Innenräumen gewinnt seit den 1980er-Jahren an Bedeutung. Treten unangenehme oder ungewöhnliche Gerüche in Wohnräumen, Verkaufsräumen oder am Arbeitsplatz im Büro auf, geht es in über 90 % der vom Sachverständigenbüro bearbeiteten Fälle der Autorin darum, wie die Gerüche beseitigt werden können. Dies gelingt in der Regel aber nur dann, wenn die Ursache der Geruchsbildung bekannt ist. Nur dann können gezielte Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, die von Dauer sind. In nahezu allen Fällen würde beispielsweise eine Ozonierung nur kurzzeitig die Geruchsfreisetzung reduzieren. Solange die Geruchsquelle nicht beseitigt wird, tritt der Geruch nach wenigen Tagen erneut auf.

 

Die Ursachen von Gerüchen

Die Ursachen von Gerüchen in Innenräumen sind extrem unterschiedlich. Sie können sich innerhalb des Gebäudes befinden oder von außen hineingetragen werden. Sie können sich schon viele Jahre im Gebäude befinden, auch wenn sie erst durch die Umnutzung des Gebäudes oder im Zuge von Umbaumaßnahmen freigesetzt werden. Sie können als Folge von Feuchteschäden auftreten, bei denen Schimmelpilze und Bakterien die Geruchsstoffe bilden. Es ist ebenso möglich, dass sie durch chemische Zersetzungsprozesse entstehen, bei denen die jeweiligen Einzelkomponenten geruchslos sind, ihre Kombination aber zur Entstehung von geruchsintensiven Stoffen führt. Sie können durch den fehlerhaften Einsatz von Bauprodukten entstehen, aber auch durch (falsche) Tierhaltung ausgelöst werden. Ihre Ursache kann in Überschwemmungsschäden liegen oder sie können durch Havarien entstehen, bei denen z. B. Heizöl in ein Gebäude gelangt. Sie können aber auch psychologischen Ursprungs sein, wobei objektiv keinerlei Geruchsauffälligkeit vorliegt, die Betroffenen es aber dennoch wegen des vermeintlichen „Geruchs“ in den Gebäuden nicht aushalten.

Wie diese Aufzählung verdeutlicht, ist die Geruchsentstehung in Innenräumen hoch komplex und damit auch die Ermittlung der Geruchsursachen. Eine zielgerichtete Untersuchungsstrategie beginnt mit einer gründlichen Anamnese der Geruchsentwicklung und den baulichen Gegebenheiten. Damit auf Anhieb die richtigen Maßnahmen zur Auffindung der Geruchsquelle durchgeführt werden, erfolgt zunächst die Charakterisierung des beanstandeten Geruchs. Dazu führt ein Team von zwei bis drei zertifizierten Geruchsprüfenden eine geruchliche Begehung durch, das heißt, jeder Einzelne nimmt die Gerüche im Gebäude wahr, charakterisiert und beschreibt sie.

Zusätzlich werden die Nutzerinnen und Nutzer des Gebäudes zum Auftreten des Geruchs befragt:

  • Wann trat der Geruch zum ersten Mal auf?
  • Wurden zu diesem Zeitpunkt bauliche Veränderungen am Gebäude durchgeführt?
  • Was wurde genau gemacht?
  • Welche Produkte wurden eingesetzt?
  • Ist der Geruch immer wahrnehmbar oder nur zeitweise?
  • Wie lange hält sich der Geruch?
  • In welchen Räumen tritt der Geruch verstärkt auf?
  • Um welche Art von Gebäude und Gebäudenutzung handelt es sich?
  • Wie alt ist das Gebäude?

In Abhängigkeit von den Ergebnissen der geruchlichen Begehung und den Angaben der Nutzerinnen und Nutzer werden die nächsten Schritte, die Untersuchungsmethodik und der Umfang der Untersuchungen mit dem Auftraggebenden abgestimmt.

 

Abwassergerüche

Abwasser- und Fäkaliengerüche haben die „gute“ Eigenschaft, dass sie meist eindeutig zu charakterisieren sind. Sie entstehen dann, wenn Undichtigkeiten an Rohrleitungen vorliegen. Die Gerüche sind nicht kontinuierlich vorhanden, sondern oft tagelang nicht wahrnehmbar, während es an anderen Tagen dermaßen penetrant stinkt, dass die Räume nicht nutzbar sind. Häufig wurden die Abwasserrohre bereits im Vorfeld der Beauftragung mittels Kamerabefahrung auf Undichtigkeiten überprüft (Bild 1). Liegen größere Undichtigkeiten vor, führt dies schon zur Lokalisierung der Geruchsaustrittsstelle. Oft reichen jedoch schon kleine Haarrisse oder fehlende Dichtungsringe aus, damit der Geruch in die Räume gelangen kann. Diese sind mittels Kamerabefahrung meist nicht erkennbar.

Sollte der Geruch während des Ortstermins nicht wahrnehmbar sein, kann er mittels Unterdruckgebläse aktiv in den Raum gezogen und so geortet werden. Der gleichzeitige Einsatz von Theaternebel, der in das Abwassersystem eingeleitet wird, kann in Einzelfällen bei der Ortung hilfreich sein.

Bei Abwassergerüchen geht es in erster Linie darum, die Austrittsstellen des Abwassergeruchs zu lokalisieren und damit die Ursache zu beheben. Dazu ist die Kenntnis über den Leitungsverlauf der Abwasserrohre und auch der Belüftungsrohre für das Abwassersystem hilfreich. In den meisten Fällen liegen jedoch keine Pläne vor oder die Pläne weichen von der tatsächlichen Ausführung vor Ort ab. Dann ist es notwendig, das Gebäude und die technischen Anlagen zu erkunden und zu verstehen. Beim Einfamilienhaus ist das in der Regel einfach. Dort, wo sich Toiletten oder Bäder befinden, verlaufen auch meist die Abwasserleitungen. Komplexer wird es bei mehrstöckigen älteren Gebäudekomplexen, die mehrmals umgebaut wurden. Nachträglich eingebaute Schächte, die Veränderung der Raumaufteilung und andere Eingriffe in die Bausubstanz erschweren die Gebäudeerkundung.

 

Geruchsentwicklung an Innenraumoberflächen

Häufig ergibt sich aus der Historie der Geruchsentwicklung (Anamnese) und der Art des wahrnehmbaren Geruchs vor Ort der Verdacht, dass Innenraumoberflächen bzw. die dort eingesetzten Materialien, wie beispielsweise Farben, Lacke, Lasuren, Kleber, Fußbodenaufbauten und Verkleidungen, eine mögliche Ursache darstellen. In vielen Fällen sind dem Auftreten des Geruchs Renovierungsarbeiten vorausgegangen. Hier ist es erforderlich, die Emittenten des Geruchs zu ermitteln bzw. andere Oberflächen als Ursache des Geruchs auszuschließen. Dazu stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die sich von ihrer Praktikabilität und dem erforderlichen finanziellen Aufwand stark unterscheiden.

Neben chemischen Raumluft- und Materialanalysen sowie Prüfkammeruntersuchungen werden seit einigen Jahren auch Alukammern zur Identifizierung der Geruchsquelle eingesetzt (Bild 2). Dazu werden auf Fußbodenbelägen, Wand- und Deckenflächen Aluminiumfolien in einer Größe von ca. 80 x 80 cm angebracht. Die Alukammer wird so montiert, dass sich darunter ein Hohlraum von mehreren Litern Luft bildet.

Hat sich über einen Zeitraum von ein bis zwei Tagen die Luft unterhalb der Alufolie angereichert, wird die Folie mit einer ca. 1 cm großen Öffnung versehen. Durch leichte Druckbewegungen auf der Folie entweicht die Luft aus der Folienkammer und kann dann an der Öffnung geruchlich wahrgenommen werden. Handelt es sich bei der geruchlich untersuchten Oberfläche um die Geruchsquelle für den Raumgeruch, ist dies in den meisten Fällen deutlich wahrnehmbar. Ebenso lassen sich Oberflächen, die durch diese Methode als geruchlich unauffällig bestimmt werden, als mögliche Geruchsquelle ausschließen. Würde man ausschließlich direkt an der Oberfläche riechen, könnte man in den meisten Fällen den Geruch seiner Quelle nicht eindeutig zuordnen.

Lässt sich die Geruchsquelle rein olfaktorisch mithilfe der Alukammern nicht eindeutig identifizieren, können zusätzlich aus der Aluminiumkammer Luftproben gezogen werden, die im Labor auf flüchtige organische Verbindungen (VOC) analysiert werden. Der Vergleich der Analyseergebnisse aus der Aluminiumkammer mit den Analyseergebnissen einer Raumluftprobe kann in diesen Fällen zur Identifizierung der Geruchsquelle beitragen.

In mehreren Schadensfällen, welche die Autorin im letzten Jahr bearbeitet hat, traten Geruchsentwicklungen nur dann auf, wenn die Materialien Temperaturen von über 70 °C ausgesetzt waren. Hier fielen vor allem EPDM-basierte Kunststoffe auf, wie sie z. B. für die Herstellung von Dachfolien verwendet werden.

 

Geruchsentwicklung durch Altlasten bzw. Renovierungsarbeiten

In einzelnen Fällen kommt es nach Umbaumaßnahmen oder einer energetischen Sanierung eines älteren Gebäudes zur Geruchsentwicklung. Die Reduzierung des natürlichen Luftwechsels durch den Einbau neuer Fenster oder das „Einsperren“ alter Abdichtungen im Außenwandbereich durch die Anbringung eines WDVS führt in diesen Fällen zur Aufkonzentrierung der Stoffe im Innenraum. Handelt es sich dabei um Verbindungen mit niedrigen Geruchsschwellen tritt die Problematik erst nach den Umbau- oder Sanierungsarbeiten zu Tage, obwohl sich die Geruchsquellen schon viele Jahrzehnte im Gebäude befinden.

Handelt es sich um teerartige Gerüche, sind zunächst Raumluftuntersuchungen zur gesundheitlichen Bewertung der Raumluftsituation notwendig. Zur Erkundung der möglichen Geruchsquellen ist die Entnahme von verdächtigen Materialien erforderlich. Um diese zu finden, sind Fachkenntnisse und langjährige Erfahrung von großem Vorteil. Zur Beseitigung der Gerüche sind Rückbaumaßnahmen oder die Abdichtung mit dampfdiffusionsdichten Folien möglich. Welche Sanierungsmaßnahmen erfolgsversprechend sind, ist abhängig von den einzelnen baulichen Gegebenheiten.

 

Geruchsentwicklung durch Tiere

Die unsachgemäße Haltung von Tieren kann in Einzelfällen zu erheblichen Geruchsbelästigungen in Wohnräumen führen. Dies fällt oft erst beim Auszug der betreffenden Mietpartei oder bei der Übernahme des Gebäudes durch neue Eigentümerinnen und Eigentümer auf. In solchen Fällen stellt sich die Frage, wo genau die Verunreinigungen vorliegen. Dies kann olfaktorisch mit einem Geruchsteam ermittelt werden und/oder es werden Materialproben zur Untersuchung auf urinspezifische Verbindungen entnommen. Mithilfe von speziellen UV-Lampen lassen sich Urinspuren zudem sichtbar machen. Durch die fluoreszierenden Eigenschaften von Körperflüssigkeiten sind Urinspuren auf Wänden im UV-Licht gut erkennbar und können so gezielt entfernt werden. Die Uringerüche sind in der Regel nur durch den Rückbau dieser betroffenen Baumaterialien zu beseitigen.

Immer wieder führt auch die Einwanderung von Wildtieren, wie z. B. Ratten, Mäusen oder Mardern, ins Gebäude zu Geruchsbelastungen in Innenräumen. Um die genauen Eintrittsstellen des Geruchs und die Nistplätze der Tiere zu ermitteln, wird im Gebäude mithilfe eines Ventilators ein Unterdruck erzeugt. Die Eintrittsstellen lassen sich olfaktorisch lokalisieren. Beliebte Nistplätze sind Hohlräume, die sich unterhalb von bodentiefen Fenstern, in Fußbodenaufbauten oder in Zwischendecken befinden.

Die gezielte Abdichtung der Eintrittsstellen, die Beseitigung der Tiere und ihrer Niststellen durch Fachpersonal sind zusätzlich erforderlich, um eine erneute Besiedlung zu vermeiden.

 

Geruchsentwicklung durch mikrobielle Zersetzungsprozesse

Wird vor Ort ein für mikrobielle Zersetzungsprozesse typischer Geruch festgestellt, gilt es, die betroffenen Bauteile zu ermitteln. Meist sind Feuchteschäden vorangegangen, die zwar getrocknet wurden, bei denen aber das mikrobiell belastete Material nicht entfernt wurde. Weiterhin kommt es vor, dass die mikrobiellen Schäden nicht in vollem Umfang erkannt wurden, sodass nur ein Teil des mikrobiell zersetzen Materials entfernt wurde.

 

Geruchsentwicklung in älteren Fertighäusern

Einen Spezialfall von unangenehmen Geruchsentwicklungen stellen ältere Häuser in Holzrahmenbauweise dar. Die charakteristischen Gerüche sind modrig-muffig, für Laien meist nur beim Betreten des Gebäudes zu riechen, und sie haben die äußerst negative Eigenschaft, sich innerhalb weniger Stunden in der Kleidung und den Haaren festzusetzen. Ist man zu Besuch in einem solchen Gebäude, nimmt man den Geruch erst nach Verlassen desselben wieder an Kleidung und Haaren wahr. Die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Häuser hingegen können den Geruch, den sie an sich tragen, oftmals gar nicht mehr wahrnehmen. Für andere Personen ist er jedoch deutlich zu riechen und kann, teils unbewusst, zu sozialer Ausgrenzung führen.

Diese Gerüche sind auf die Entwicklung von Chloranisolen zurückzuführen. Chloranisole sind nicht von Anfang an in den Gebäuden vorhanden, sondern entwickeln sich erst im Laufe der Lebenszeit eines Gebäudes. Grundlage für die Entstehung der Chloranisole sind Holzschutzmittelprodukte auf der Basis von Chlorphenolen. Bei Pentachlorphenol (PCP) handelt es sich um einen typischen Vertreter der Chlorphenole. Durch Feuchtigkeit in der Wandkonstruktion, z. B. durch Tauwasser oder Feuchteschäden, können sich Schimmelpilze und Bakterien in den Wänden entwickeln. Diese wandeln die in den Bauteilen angereicherten Chlorphenole in die extrem geruchsintensiven Chloranisole um. Schon wenige Nanogramm pro Kubikmeter Luft dieser Substanzen sind geruchlich wahrnehmbar.

Leider reicht es bei Weitem nicht aus, Renovierungsmaßnahmen der Bauteiloberflächen, wie z. B. den Austausch der Tapeten oder Fußbodenbeläge, durchzuführen, um den Chloranisolgeruch zu beseitigen. Zwar führen diese Maßnahmen in den ersten Wochen nach der Renovierung zur Reduzierung der Gerüche, doch da die eigentlichen Geruchsquellen (Primärquellen) durch die Maßnahmen nicht beseitigt wurden, kommt es im Laufe von wenigen Wochen oder Monaten zur erneuten Anreicherung der Gerüche in der Innenraumluft.

Auch eine Ozonierung des Gebäudes führt nur zu kurzfristigem Erfolg, da lediglich in der obersten Grenzschicht der Bauteile eine Umwandlung der Verbindungen erfolgt. Langfristig sind die Wandbauteile wie Gipskarton, Spanplatten, Dämmmaterial und Folien zu entfernen, und der Wandaufbau ist zu erneuern. Nur das Holzständerskelett bleibt stehen und wird mit einem Spezialanstrich versehen. Ob der Austausch neben den Außenwänden auch die Innenwände, Decken und Fußbodenaufbauten betrifft, ist durch entsprechende Untersuchungen im Vorfeld der Sanierung zu klären.

Eine weitere mögliche Alternative stellt die hermetische Abschottung der betroffenen Bauteile mit dampfdiffusionsdichten Spezialfolien dar, wobei bei der Anbringung der Folien sorgfältig auf die Luftdichtigkeit in den Anschlussbereichen Wand-Decke, Wand-Fußboden und Wand-Fenster zu achten ist. Der Geruch wird durch diese Maßnahmen nicht beseitigt, sondern nur daran gehindert, in die Innenraumluft zu gelangen. Bei zukünftigen baulichen Veränderungen bliebt das Risiko bestehen, Leckagen zu schaffen, über die die Gerüche wieder in den Innenraum gelangen können. Um das Problem generell und auf lange Sicht zu beseitigen, ist es in Einzelfällen erforderlich, das Gebäude abzureißen und neu zu errichten.

 

Ungewöhnliche Geruchsentwicklungen

In einzelnen Fällen liegen spezielle und zum Teil außergewöhnliche Umstände für eine Geruchsentwicklung vor. In einer neu eingerichteten Cateringküche eines kleinen Hotels in einer denkmalgeschützten Stadtvilla traten unangenehme Geruchsauffälligkeiten auf, die als extrem störend empfunden wurden und bei den Nutzenden sogar zu Kopfschmerzen und anderen Symptomen führten. Bei der geruchlichen Begehung wurden ranzig-aldehydartige Gerüche in der Küche wahrgenommen. Der Geruch trat besonders stark unterhalb einer Dunstabzugshaube auf, die nicht in Betrieb war. Beim Öffnen eines Wandschranks konnte der Geruch ebenfalls deutlich wahrgenommen werden. Raumluftuntersuchungen auf VOC führten zu dem Ergebnis, dass in der Küche und im Wandschrank auffallend hohe Konzentrationen an Aldehyden und Carbonsäuren vorlagen. Zunächst war der Wandschrank die erste Verdachtsquelle, da die meisten geruchsintensiven Verbindungen dort in höherer Konzentration vorlagen, als in der Raumluft der Küche. Zusätzlich ergaben die Raumluftanalysen aber auch hohe Gehalte an Benzoesäure und Tenaxartefakten, die auf das Vorhandensein von Ozon hinwiesen. Daraufhin eingeleitete Recherchen auf mögliche Ozonquellen ergaben, dass durch die Plasmafiltertechnik zur Reduzierung von Gerüchen und die damit verbundene Hochspannung Ozon entsteht.

In der Dunstabzugshaube war ein solcher Plasmafilter eingebaut worden, um zu verhindern, dass nach außen abgeleitete Essensgerüche über die Fenster in die Räumlichkeiten oberhalb der Küche gelangen konnten. Der Plasmafilter in der Dunstabzugshaube war versehentlich im Dauerbetrieb angeschlossen und ließ sich über einen Schalter nicht ausschalten. Der Plasmafilter war also anlagentechnisch nicht – wie zwingend erforderlich – mit dem Betrieb der Dunstabzugshaube gekoppelt worden. Da die Dunstabzugshaube nur sehr sporadisch und für jeweils kurze Zeiträume eingeschaltet wurde, gelangte das entstandene Ozon nahezu ständig in die Raumluft der Küche.

Nur bei Betrieb der Dunstabzugshaube wurde das Ozon mit dem Abluftstrom nach außen befördert. Im Durchschnitt lagen die Ozon-Konzentrationen bei ca. 1.300 bis 3.000 ppb, je nach Entfernung zur Dunstabzugshaube, während in der Außenluft und in den angrenzenden Räumlichkeiten die Ozonwerte bei unter 5 ppb lagen. Bei Betrieb der Dunstabzugshaube kam es nicht zum Eintrag von Ozon in die Raumluft und die zuvor auftretende Geruchsentwicklung im Raum verschwand. Wäre also der Plasmafilter – wie technisch eigentlich vorgesehen – stets nur in Verbindung mit der Dunstabzugshaube betrieben worden, lägen im Innenraum keine erhöhten Ozonwerte und auch keine Gerüche vor. Wurde die Dunstabzugshaube wieder abgeschaltet und blieb nur der Plasmafilter in Betrieb, erreichten die Ozonwerte bereits nach wenigen Minuten Konzentrationen über den kritischen Werten von 55 ppb.

 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Basis einer erfolgreichen Geruchssanierung die Ursachenermittlung darstellt. Dazu ist ein guter und trainierter Geruchssinn ebenso erforderlich wie ein fundiertes Verständnis über die Funktionsweisen von Gebäuden, ihren technischen Anlagen und den verbauten Materialien. Nicht zuletzt sind es die richtig gestellten Fragen und das genaue Zuhören, welche, zusammen mit langjähriger Erfahrung, zur zielgerichteten Ursachenfindung beitragen.

Literatur

AGÖF-Leitfaden: Gerüche in Innenräumen – sensorische Bestimmung und Bewertung. Veröffentlicht zum 10. AGÖF-Fachkongress in Nürnberg „Umweltgebäude und Gesundheit – Schadstoffe, Gerüche und schadstoffarmes Bauen“, 2013

Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e. V. (Hrsg.): BVS-Standpunkt Geruchssanierung Fertighäuser, Ausgabe 2/2022, https://www.bvs-ev.de (abgerufen am 03.03.2022)

Gesamtverband Schadstoffsanierung e. V. (Hrsg.): Schadstoffe in Innenräumen und an Gebäuden. Rudolf Müller Verlag, Köln 2014

Mücke, W.; Lemmen, C.: Duft und Geruch – Wirkungen und gesundheitliche Bedeutung von Geruchsstoffen. Ecomed-medizin Verlag, Heidelberg 2010

Zur Person

Dipl.-Ing. Martina Clemens-Ströwer ist seit 1995 freiberuflich tätig im eigenen Sachverständigenbüro für Baubiologie in Welver, welches ein Mitgliedsinstitut der AGÖF ist. Seit 2001 ist sie öffentlich bestellt und vereidigt als Sachverständige für Schimmelpilze, Gerüche und andere Innenraumschadstoffe. Zudem gehört sie der IHK-Prüfungskommission zur Bestellung von Sachverständigen für Innenraumschadstoffe an und ist aktives Mitglied im Fachbereich Innenraumhygiene im BVS e. V., Berlin.

clemens-stroewer

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