Zur Sanierung
Ein unterschätztes Detail
Zweiter Rettungsweg beim Dachausbau
Text: Ulf Müllenberg | Foto (Header): © Prüf- und Sachverständigen Büro Müllenberg
Umbauvorhaben im Dachgeschoss stehen und fallen oft mit der Frage nach den Fluchtwegen. Denn Sicherheitsmängel oder gar das Fehlen vorgeschriebener Rettungswege führt in den meisten Fällen zum Versagen des Bauantrags. Deshalb wird hier beleuchtet bei welchem Umbau ein zweiter Rettungsweg notwendig ist und wie dieser dem Baugesetz nach umzusetzen ist. Genauso klärt sich, welche Rahmenbedingungen vor Ort herrschen müssen, damit Rettungsgeräte der Feuerwehr als alternativer Rettungsweg infrage kommen.
Auszug aus:
der bauschaden
Ausgabe Februar / März 2023
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Um den Bedarf an bezahlbaren Wohnraum zu decken, hat sich die aktuelle Bundesregierung ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: 400.000 neue Wohnungen sollen pro Jahr entstehen. Es ist kein Geheimnis, dass die angestrebte Zahl neuer Wohnungen auch dieses Jahr nicht erreicht wird. Für 2023 gehen Analysten davon aus, dass die Bundesregierung ihr Ziel „krachend verfehlt“, und rechnen mit nur etwa 200.000 neuen Wohnungen. Um den händeringend nachgefragten Bedarf an Wohnraum nachzukommen, zeichnet sich in urbanen
Ballungsgebieten seit Jahren der Trend zur Nachverdichtung ab. In vorhandenen Gebäudestrukturen wird durch Aufstockung oder Ausbau von Dachgeschossen neuer Wohnraum geschaffen. Hierbei werden oft wesentliche statische, architektonische und baurechtliche Belange tangiert, der Bestandsschutz geht zumindest in Teilen verloren, sodass die Umnutzung in der Regel eines Bauantrages bedarf. Infolgedessen werden Themen des Brandschutzes (neu) aufgeworfen.
Die Frage nach der Sicherstellung der Fluchtwege rückt dabei häufig in den Vordergrund, nicht selten ist diese entscheidend für die Genehmigungsfähigkeit und damit für die Umsetzbarkeit des gesamten Vorhabens.
Fluchtwege im Baurecht
Da das Baurecht auf Länderebene geregelt ist, finden sich in Deutschland 16 verschiedene Landesbauordnungen. Die zentralen Grundsatzanforderungen des Brandschutzes sind dessen ungeachtet in allen Bundesländern identisch formuliert und als sog. globale Schutzziele wie folgt definiert: Bauliche Anlagen müssen so angeordnet, errichtet, geändert und instand gehalten werden, dass:
• der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird.
• bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren möglich ist.
• wirksame Löscharbeiten möglich sind [1].
Kommt es in einem Gebäude zu einem Brand, besteht die oberste Priorität darin, dass sich die Nutzer/Bewohner schnellstmöglich und unverletzt in Sicherheit bringen können. Vorrangig benutzen Personen zum Verlassen von Gebäuden die ihnen bekannten Fluchtwege (= Selbstrettung). Die Feuerwehr dringt zur Rettung z. B. von verletzten Personen (= Fremdrettung) und zur Brandbekämpfung über die sog. Rettungswege in die Gebäude vor. Die Landesbauordnungen definieren Anforderungen an „Rettungswege“, gemeint sind hier sowohl Wege zur Eigen- als auch zur Fremdrettung von Personen. Deshalb wird in der Brandschutzplanung häufig von Flucht- und Rettungswegen gesprochen. Diese müssen über sicher begehbare Flure, Treppenräume und Ausgänge unmittelbar ins Freie und von dort bis zur öffentlichen Verkehrsfläche führen.
Erster und zweiter Rettungsweg
Jedes Gebäude verfügt zur Erschließung über allgemeine Verkehrs- und Zugangswege. Bei Wohn- und Bürogebäuden stellen diese im Regelfall gleichzeitig auch den ersten Rettungsweg dar. Erfahrungen zeigen, dass bei einem Brand Feuer und insbesondere auch toxische Rauchgase in Rettungswege eindringen können. Die Situation tritt typischerweise dann ein, wenn die Tür der vom Brand betroffenen Wohnung zum Treppenraum nicht unmittelbar geschlossen wird. In diesem Fall ist der Rettungsweg für Bewohner ohne Schutzausrüstung nicht mehr ohne Gefährdung nutzbar. Der maßgeblichen Bedeutung der Rettungswege trägt der Gesetzgeber Rechnung indem – in allen Landesbauordnungen – für Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen zwei voneinander unabhängige Rettungswege gefordert werden. Mit der Entscheidung des Bauherrn/Planers, im Dachgeschoss Aufenthaltsräume (wie z. B. Wohnungen oder Büros)anzuordnen, ist die Forderung nach zwei Rettungswegen obligatorisch. Gemäß § 2 der Musterbauordnung [1] werden Aufenthaltsräume als Räume definiert „[…] die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind“. Weiterhin müssen sie eine Mindesthöhe (je nach Bundesland zwischen 2,2 und 2,5 m) aufweisen sowie belichtet und beleuchtet werden können. Typische Raumnutzungen, welche keine Aufenthaltsräume darstellen, sind z. B.: Abstell-/Lagerräume, Speicher-/Trockenböden, Technik- und Sanitärbereiche sowie Räume mit sonstigen Nebenfunktionen. Ebenso werden Flure und Treppenräume nicht als Aufenthaltsbereiche bewertet. Für diese Räume ist der Regel nach kein zweiter Rettungsweg erforderlich.
Realisierung des zweiten Rettungsweges
Da der erste Rettungsweg im Dachgeschoss normalerweise über die vorhandenen Erschließungswege (Treppenraum) sichergestellt ist, richtet sich der planerische Fokus entsprechend auf die Umsetzung des zweiten Rettungsweges. Auf der Grundlage der Baugesetze bestehen hierzu generell mehrere Möglichkeiten. Die einfachste Lösung stellt sicherlich der Bau einer weiteren notwendigen Treppe/eines weiteren Treppenraums mit sicherem Ausgang ins Freie dar. Eine zweite Treppenanlage weist in brandschutztechnischer Hinsicht mehrere Vorteile auf: Personen sind im Gefahrenfall für die Flucht aus dem Gebäude nicht auf die Hilfe der Feuerwehr angewiesen. Sie können den immer vorhandenen sicheren zweiten Rettungsweg jederzeit und ohne Zeitverzug nutzen. Über eine Treppenanlage kann in kürzerer Zeit auch eine größere Personenanzahl in Sicherheit gebracht werden. Auch für die (Fremd-)Rettung motorisch eingeschränkter Personen durch die Feuerwehr bieten Treppenanlagen wesentliche Vorteile.
Außentreppen
Insofern die Platzverhältnisse es zulassen, besteht eine praktikable und wirtschaftliche Lösung zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges im Anbau einer Außentreppenanlage. Diese kann als einfache Stahlkonstruktion ohne weitere Anforderungen an den Feuerwiderstand errichtet werden. Bei der Anordnung ist zu beachten, dass die Nutzung der Treppenanlage auch im Brandfall hinreichend sicher möglich ist. Dies erreicht man, indem die Treppenanlagen möglichst vor geschlossenen Fassaden anordnet wird, sodass aus dem Gebäude austretendes Feuer oder Rauch die Nutzer nicht gefährden.
Rettungsgeräte der Feuerwehr
Können zusätzliche Treppenanlagen im Rahmen einer umfassenden Neu-(Bau-) Planung berücksichtigt werden, so sind diese bei Erweiterungen oder Umbauten oft nicht möglich oder gewünscht. Häufig scheidet für den Dachgeschossausbau eines bestehenden innerstädtischen Wohnoder Bürogebäudes eine zusätzliche Treppe auch aus Platzgründen aus. Oder die Aufwendungen für den weiteren baulichen Rettungsweg stehen in einem Missverhältnis zur geplanten Gesamtinvestition. Unter den vorgenannten Rahmenbedingungen lässt der Gesetzgeber für Regelbauten wie Wohnungen oder Büros die Möglichkeit zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges über Rettungsgeräte der Feuerwehr zu. Der weitere Rettungsweg wird im Gefahrenfall mithilfe von seistens der Feuerwehr mitgeführten Leitern gewissermaßen vor Ort „hergestellt“.
Wird dieser Lösungsansatz verfolgt, sind folgende Rahmenbedingungen zu beachten:
• Das Gebäude muss im Hinblick auf die Nutzung/Nutzergruppe konzeptionell generell für den Einsatz von Rettungsgeräten der Feuerwehr geeignet sein.
• Das bewertete Bauvorhaben muss im Wirkungsbereich einer entsprechend leistungsfähigen örtlichen Feuerwehr liegen.
• Die Feuerwehr muss über die erforderlichen Rettungsgeräte verfügen.
• Die erforderlichen Flächen zum Aufstellen der angesetzten Rettungswege müssen (jeweils zugeordnet zu jeder Nutzungseinheit) vorhanden oder herstellbar sein.
• Alle Nutzungseinheiten müssen eine entsprechende mit den Rettungsgeräten der Feuerwehr zu erreichende anleiterbare Stelle aufweisen.
• Die Öffnung an der anleiterbaren Stelle muss die geforderten geometrischen Mindestabmessungen haben.
Bei Sonderbauten (Gebäude, die hinsichtlich der Brandschutzanforderungen aufgrund ihrer Höhe/Grundfläche und/oder ihrer Nutzung wesentlich von „normalen“ Wohn- oder Bürogebäuden abweichen) ist der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr nur zulässig, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen. Offenkundig ist, dass der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr z. B. für Hochhäuser, Altenpflegeheime, Krankenhäuser und Konzertsäle nicht anwendbar ist.
Die Rettung über Rettungsgeräte stellt für die Feuerwehr stets eine sehr personal- und materialaufwendige und damit zeitintensive Aufgabe dar, infolgedessen ist die Anzahl der Personen, welche im Brandfall über diesen Weg hinreichend schnell in Sicherheit gebracht werden kann, begrenzt. Quellen führen aus Sicht der Feuerwehr eine Spanne zwischen 10 und 15 – im Ausnahmefall (bei sehr günstigen Rahmenbedingungen) bis maximal 29 Personen auf.
In Bezug auf den von der Feuerwehr benötigten Platz zum Aufstellen der Rettungsgeräte ist zwischen tragbaren Leitern und sog. Hubrettungsgeräten (umgangssprachlich „Drehleiterfahrzeuge“) zu unterscheiden. Mit tragbaren Rettungsgeräten kann i. d. R. höchstens das 2. Obergeschoss erreicht werden, Standard-Drehleiterfahrzeuge (wie die „DLAK 23/12“) weisen eine Rettungshöhe von maximal 23 m auf. Während die Aufstellflächen für Hubrettungsgeräte bundesweit analog der „Muster-Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr“ [2] geregelt sind, existieren diesbezüglich für die tragbare vierteilige Steckleiter keine allgemeingültigen Festlegungen. Die Standflächen müssen zum Anleitern geeignet und (von der allgemeinen Verkehrsfläche aus) zugänglich sein. Üblich sind bspw. folgende weitere Anforderungen:
• ausreichend tragfähig und hindernisfrei
• Mindest-Maße 2,5 m Tiefe x 3,0 m Breite zur Außenwand sowie
• eine Neigung von maximal 5 %. entlang der Wand
Insofern die tragbaren Leitern auf dem Grundstück in rückwärtigen Bereichen (z. B.im Innenhof) eingesetzt werden soll, muss hierfür ein geradliniger Feuerwehrzugang mit einer Mindestbreite b ≥ 1,25 m und einer Mindesthöhe h ≥ 2 m geschaffen werden. Ab einer Rettungshöhe von 8,0 m muss zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges das Drehleiterfahrzeug der Feuerwehr zum Einsatz kommen. Beim Dachgeschossausbau in der im innerstädtischen Bereich vorherrschenden geschlossenen Bebauung stellt sich der Nachweis der erforderlichen Aufstellfläche häufig schwierig dar. Das Hubrettungsgerät muss dann auf der öffentlichen Straße stehen. Den vorhandenen Platzverhältnissen wird in der Entwurfsphase vielfach zu wenig Beachtung geschenkt, oft fehlen hier konkrete, ggf. vor Ort erfasste/validierte Angaben. Die „Muster-Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr“ fordern eine freie Aufstellbreite von mindestens 5,5 m; bei schmalen Straßen und beidseitig neben der Fahrbahn angeordneten Parkflächen kann diese häufig nicht eingehalten werden. Bei Unterschreitung der vorgeschriebenen Abmessungen ist die Abstimmung mit der zuständigen Feuerwehr unbedingt angeraten.
Hierbei ist die Kenntnis der zum Aufstellen und zum Betrieb des Drehleiterfahrzeugs unbedingt benötigten Abmessungen vorteilhaft. Diese sind zwar fahrzeugspezifisch, tatsächlich sind Feuerwehrfahrzeuge jedoch genormt und deshalb (hinsichtlich der Abmessungen und der Mindest-Leistungskriterien) weitgehend vergleichbar. Zu berücksichtigen ist, dass das Standart Drehleiterfahrzeug DLAK 23/12 neben der Fahrzeugbreite von 2,5 m beidseitig bis zu 1,4 m Platz zum Ausfahren der hydraulischen Stützen benötigt. Steht das Fahrzeug parallel zur Außenwand des Gebäudes auf der Straße, schwenkt der Leiterpark am Drehpunkt bis zu 1,6 m zur abgewandten Seite über die Fahrzeugkonturen aus. Ist dieser Platz im Einsatzfall z. B. durch parkende Pkw verstellt, kann das Rettungsgerät nicht zum Einsatz gebracht werden, der zweite Rettungsweg geht verlustig – Menschen können im Gefahrenfall nicht unverzüglich in Sicherheit gebracht werden. Weitere planerische Fallstricke für den Einsatz von Hubrettungsgeräten ergeben sich häufig durch Oberleitungen, Baumbepflanzungen, neu geschaffene Grünflächen oder umverlegte Straßenbahnschienen.
Fenster als Rettungswege
Wie beschrieben muss die Feuerwehr in jede Wohnung über einen zweiten Rettungsweg vordringen können. Balkone, Loggien, (Dach-)Terrassen und Austritte sind mit dem aufgestellten Rettungsgerät in der Regel gut erreichbar. Für die Menschenrettung muss nach Musterbauordnung [1] zumindest eine Fensteröffnung mit folgenden Rahmenbedingungen zur Verfügung stehen:
• lichte Öffnungsfläche von mindestens 0,9 m x 1,2 m
• nicht höher als 1,2 m über der Fußbodenoberkante angeordnet und
• bei Fenstern in Dachschrägen/Dachaufbauten darf die Fensterunterkante (bzw. ein zusätzlicher Austritt) von der Traufkante nicht mehr als 1 m (horizontal gemessen) entfernt sein
Damit sich vom Brand eingeschlossene Personen im Gefahrenfall bemerkbar machen können, muss das „Rettungsfenster“ grundsätzlich von der öffentlichen Verkehrsfläche aus einsehbar und zugänglich bzw. anfahrbar sein. Schon im Entwurf der Grundrisse sollten deshalb alle Wohnungen ein straßenseitig gerichtetes Fenster als zweiten Rettungsweg erhalten. Nutzungseinheiten mit ausschließlich rückseitig/zum Innenhof orientierten Fenstern sind zu vermeiden.
Unterschneiden die im Bestand gegebenen Fensterabmessungen die genannten Maße, besteht eine bewährte Lösung darin, das lichte Öffnungsmaß durch Umbau zumindest eines Fensters pro Nutzungseinheit anzupassen.
Werden Kämpfer und Mittelpfosten herausnehmbar gestaltet oder auf einer neu geschaffenen Fensterfläche nur visuell andeutet, können die historisch gegebenen Außenmaße oft erhalten bleiben.
Vielmals wird einer geringfügigen Reduzierung der Öffnungsfläche von 10 cm in zumindest einer Dimension behördlicherseits zugestimmt, eine weiterführende Einengung des Querschnitts ist jedoch unbedingt im Vorfeld mit der zuständigen Feuerwehr abzustimmen. Anhaltspunkte für genehmigungsfähige Fensterabmessungen enthält der Fachbeitrag „Rettungswegfenster – Bemessungsverfahren – wie groß ist groß genug?“ [3].
In Dachschrägen haben sich besonders entsprechend dimensionierte, nach außen aufschwenkende Dachflächenfenster mit Notausstiegs-/Fluchtwegfunktion etabliert.
Die Mechanik mit oben liegendem Drehpunkt gewährleistet einen großzügigen Zugang zum Fenster und ist leicht von innen zu öffnen.
Bei der Anordnung des „Rettungsfensters“ ist unbedingt sicherzustellen, dass dieses von den Einsatzkräften der Feuerwehr mittels der beschriebenen Rettungsgeräte erreicht werden kann. Vor Fenstern, die von der Traufkante mehr als 1,0 m zurückversetzt sind, werden zusätzlich sicher begehbare Austritte/Dachausstiege erforderlich. Schwierig kann sich dies bspw. bei mehrgeschossigen Dachgeschossausbauten darstellen.
Sobald aus Sicht der Feuerwehr eine Rettung von Personen über das eingeplante Fenster nicht mehr sicher möglich ist, geht der bauordnungsrechtlich erforderliche zweite Rettungsweg verloren, die Genehmigungsfähigkeit ist nicht mehr gegeben.
Sicherheitstreppenräume
Was tun bei permanent fehlendem zweiten Rettungsweg? Ist vereinzelt beim Dachgeschossbau weder die Errichtung einer zweiten Treppenanlage noch die Sicherstellung der Anleiterung durch die Feuerwehr möglich, erlaubt der Gesetzgeber den Verzicht auf einen zweiten Rettungsweg. Diese Ausnahme ist jedoch nur zulässig, wenn der einzig vorhandene Rettungsweg so sicher ausgeführt wird, dass er auch im Brandfall zur Evakuierung des Gebäudes nutzbar bleibt. Damit Feuer und Rauch ausreichend lang nicht eindringen, ist die Herstellung eines sog. Sicherheitstreppenraums im Bestand meist planerisch und technisch anspruchsvoll und damit kostenintensiv. Diese (Sonder-)Lösung wird deshalb in der Praxis nur in Einzelfällen verfolgt. Von sonstigen „Notlösungen“ wie Notrutschen, einklappbaren Leitertreppen oder Notleitern ist abzuraten. Diese früher im Bestand akzeptierten Provisorien stellen keinen baurechtlich zulässigen Rettungsweg dar und werden in der Regel bei aktuellen Vorhaben abgelehnt.
Resümee
Fehlende oder mangelhafte Rettungswege führen in der Praxis nicht selten zum Versagen des Bauantrags. Deshalb ist im Rahmen der Genehmigungsplanung grundsätzlich der Nachweis über die (i. d. R. zwei) gesetzlich geforderten unabhängigen Flucht- und Rettungswege zu führen. Gerade im Dachgeschossausbau erweist sich dies aufgrund der gegebenen Bestandssituation und eingeschränkter Platzverhältnisse häufig als komplexe Aufgabe. Diese erfordert schon während der Entwurfsphase eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Architekten und Brandschutzplaner. Aufbauend auf einer eingehenden Vorhabens- und Bestandsanalyse ist der Entwurf unter Berücksichtigung der konkreten Rahmenbedingungen auf die Realisierbarkeit der
Rettungswege zu prüfen. Rettungswege über Rettungsgeräte der Feuerwehr sind klar nachvollziehbar darzustellen. Insbesondere im historischen Bestand ist hierbei eine fundierte fachliche Abwägung vorzunehmen, erforderliche Abweichungen vom Bauordnungsrecht sind zu bewerten und hinsichtlich ihrer Genehmigungsfähigkeit einzuschätzen. Oft erweist sich in diesem Zusammenhang eine Abstimmung mit der Feuerwehr als notwendig und sinnvoll. Resümierend leistet eine qualifizierte Brandschutz-Fachplanung einen essenziellen Beitrag zur Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung und damit letztendlich zu einer erfolgreichen Umsetzbarkeit eines Bauvorhabens.
Literatur
[1] MBO/Musterbauordnung; Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 25.09.2020.
[2] Muster-Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr; Fassung Februar 2007; zuletzt geändert im Oktober 2009; ARGE Bau.
[3] Fachbeitrag „Rettungswegfenster – Bemessungsverfahren – wie groß ist groß genug?“ Verfasser Matthias Dietrich, veröffentlicht Deutsche Feuerwehr-Zeitung 2/2004.
Zur Person
Dipl.- Ing. Ulf Müllenberg ist Bauingenieur und seit mehr als 20 Jahren als Sachverständiger für Brandschutz tätig. Er verfügt über umfassende Erfahrung in der Brandschutzplanung bei einem breiten Spektrum an Regel- und Sonderbauten sowohl im Neubau als auch beim Umbau und der Sanierung. Seine Zulassung als Prüfingenieur für Brandschutz befähigt ihn, Bauvorlagen im hoheitlichen Auftrag zu prüfen. Durch seine mehr als 30-jährige nebenberufliche Tätigkeit bei der Feuerwehr verfügt er zudem über umfassende Kenntnisse im abwehrenden Brandschutz.
Kontakt
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