Am Objekt

Hauswand weggespült

Starkregen verursacht Unterspülungen an Mehrfamilienhaus

Text: Jens Gnauck | Foto (Header): URETEK Deutschland GmbH

Hohe Mengen Niederschlagswasser haben in diesem Fall „die Kurve nicht gekriegt“ und sich einen eigenen Weg gesucht. Sie rissen einen Parkplatz samt Fahrzeugen und die Kelleraußenwand eines Gebäudes mit. Dabei wurde ein solches Volumen an Baugrund umgelagert, dass die Standsicherheit des Gebäudes bedroht war.

Auszug aus:

der bauschaden
Ausgabe Oktober / November 2021
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In Hamburg kam es nach einem starken Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen zu massiven Überflutungen. Die Wassermassen sorgten für erhebliche Bodenerosion und Unterspülungen, bei denen ein Parkplatz weggerissen wurde und die Kelleraußenwand eines Gebäudes eingestürzt ist. Das betroffene, ca. 2.200 m² große Grundstück ist etwa mittig mit zwei dreigeschossigen Baukörpern bebaut. Das Bestandsgebäude ist voll unterkellert. Die Erdgeschossebenen liegen etwa 1 m oberhalb des umliegenden Terrains, welches in südwestlicher und südlicher Richtung in die Elbmarsch abfällt. Südöstlich der Gebäude befindet sich eine Pkw-Stellplatzfläche, die über eine abfallende Zufahrtsrampe an die Straße angeschlossen ist.

Starkregen führt zu Bodenerosionen

Während eines Extrem-Regenereignisses konnte die Straßenentwässerung das anfallende Niederschlagswasser nicht vollständig aufnehmen; das aus beiden Straßenrichtungen zulaufende Wasser staute sich im Straßentiefpunkt, der etwa vor dem Grundstück liegt. Der Topografie folgend, wurde das Wasser nach Überstau des Tiefbords über die Rampe und Pkw-Stellplatzfläche gen Süden Richtung Gebäude und Regenrückhaltebecken geleitet. Aufgrund der großen Wassermengen sowie der Fließgeschwindigkeiten erfolgten innerhalb kürzester Zeit erhebliche Bodenerosionen/Bodenaufweichungen seitlich der Giebelwand des einen Hauses. Zugleich wurde der Keller geflutet.

Die Erosionen/Aufweichungen erfolgten sowohl im Bereich der Kellerwand als auch tieferliegend im Fundamentbereich. Der zunehmend wassergesättigte Boden seitlich der Kellerwand sowie an den rückwärtigen Fundamenten ist durch die hohe Strömungsgeschwindigkeit der Wassermassen ausgekolkt. Dann wurde im Wege der rückschreitenden Erosion die gesamte Kellerverfüllung vor der südlichen Außenwand abgetragen. Der äußere Entzug der Bodenstütze und der folgende einseitige Wasserdruck innerhalb des Kellers verursachten den nach außen gerichteten Teileinsturz der Kelleraußenwand. Als weitere Folge verschlechterte sich die natürliche Lagerungsdichte der im Gründungsbereich anstehenden, gewachsenen Sande erheblich. Diese Baugrundverformungen konnten durch die Bauwerkskonstruktion nicht schadensfrei aufgenommen werden; das Tragwerk reagierte mit erheblichen Rissbildungen, die als standsicherheitsgefährdend bewertet wurden.

Das Mehrfamilienhaus einer Genossenschaft war nicht mehr bewohnbar. Die Wohnungen mussten sofort geräumt werden. Zur Wiederherstellung der Standsicherheit des Gebäudes erfolgte als Sofortmaßnahme der Einbau von sieben Stahlbetonstützen, die die aus der Giebelwand resultierenden Lasten über ein Betonfundament in die anstehenden Böden abtragen. Dieses Betonfundament wurde über mit Beton gefüllte Bigpacks in den Baugrund bzw. direkt neben den bestehenden Fundamenten eingebracht. Hierfür wurden insgesamt ca. 50 m³ Beton benötigt.

Laut einem Bodengutachten besteht der Baugrund aus gewachsenen Mittelsanden. Bis ca. 4,3 bzw. 4,9 m weisen die Sande eine unzureichende Lagerungsdichte auf, was teils als gebietstypisch angesehen wird, größtenteils aber auch auf die Bodenumlagerungen infolge des Starkregenereignisses zurückzuführen war. So wurden ca. 1.600 m³ Boden umgelagert.

Neben den schon beschriebenen Schäden sind an einer gegenüberliegenden Gebäudeecke im Keller horizontale und abgetreppte Risse in den Wänden sichtbar. Die Entstehung wird ebenfalls auf das Starkregenereignis zurückgeführt. Durch das Leerziehen der Wohnungen drohten dem Wohnungseigentümer Mietausfälle, dementsprechend dringlich erschienen Sanierungsarbeiten.

 

Entwicklung eines Sanierungskonzepts

Eine Neugründung ohne vorangehende Baugrundverbesserung hätte weitergehende Verformungen mit Rissbildungen am Gebäude zur Folge gehabt. Vor weiteren Bautätigkeiten am Gebäude sollte demnach der anstehende Baugrund in geeigneter Form stabilisiert werden.

Zur Ertüchtigung des Baugrunds und der aufstehenden Gründungsteile kamen zunächst alle zementbasierten Baugrundver­besserungen in Betracht. Bei diesen Verfahren ergeben sich im Regelfall keine Hebungsmöglichkeiten, da die Injektionen, z. B. nach dem HDI-Verfahren, nur unterhalb der ruhenden Fundamente in liquidem Zustand erfolgen, hierbei also keine Schwelldrücke aufgebaut werden können. Zudem ist dieses Verfahren aufgrund der umfangreichen Baustelleneinrichtung aufwendig und kostenintensiv. Eine alternative Ausführung zum HDI-Verfahren wäre in der vorliegenden Situation das Injizieren von Spezialschäumen oder Harzen zur Verstärkung der locker gelagerten Sande, z. B. mit dem URETEK-Verfahren. Diese Kunstharzverpressungen erfordern deutlich geringere Baustelleneinrichtungs- bzw. Arbeitsräume und sind in der Regel relativ schnell und damit wirtschaftlich auszuführen. Nicht geeignet zur Sanierung wären insbesondere aufgrund der herzustellenden Tiefe alle klassischen Fundamentertüchtigungen, z. B. die Herstellung von konventionellen Unterfangungen. Alternativ wäre ebenfalls eine nachträgliche Tiefgründung des gesamten rückwärtigen Bauteils mittels Pfählen denkbar, jedoch nicht wirtschaftlich ausführbar.

 

Entscheidung für das URETEK-Verfahren

Bei einem kurzfristig anberaumten Ortstermin wurde besprochen, mithilfe der URETEK DeepInjection®-Methode den Baugrund zu verstärken und damit den durchgehenden Kraftschluss zwischen der neuen Fundamentsohle und tragfähigem Baugrund wiederherzustellen.

Gut eine Woche später fuhr das URETEK-Einsatzfahrzeug mit seiner autarken Baustelleneinrichtung vor, und die Injektionsarbeiten konnten beginnen. Im Abstand von ca. 0,8 m wurden Bohrlöcher mit Ø 16 mm gesetzt. In diese Bohrlöcher wurden Injektionslanzen bis zu 5 m unter Oberkante Kellerfußboden geführt. Durch die Lanzen wurde dann das Zweikomponenten-Expansionsharz flüssig und unter kontrolliertem Druck in den Baugrund gepresst. Während der Injektion wurden die Lanzen mit einem Ziehgerät langsam und gleichmäßig nach oben gezogen, um den aufgelockerten Baugrund durchgehend zu verstärken. Durch die Volumenvergröße­rung der Harze wurde der Baugrund verdichtet und verspannt. Wegen der extrem kurzen Reaktionszeit der Harze und der millimetergenauen Überwachung durch Nivellierlaser konnte der Prozess kontrolliert und gesteuert werden. Die am Bauteil befestigten Laserempfänger registrierten jede Ausweichbewegung der Baukonstruktion und der Umgebung und brachten damit den Nachweis für den Zuwachs der Untergrundtragfähigkeit unter der zu diesem Zeitpunkt herrschenden Belastung.

So wurden ca. 39 lfm Fundamente bearbeitet, für die das URETEK-Team lediglich drei Arbeitstage benötigte. So konnte anschließend zügig mit der Renovierung der betroffenen Wohnungen begonnen werden, die auch zum Teil durch Risse in den Wänden in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Mittlerweile sind alle Bewohner wieder in ihre Wohnungen zurückgekehrt.

Zur Person

Dipl.-Ing. (FH) Jens Gnauck

ist Technischer Berater bei der URETEK Deutschland GmbH.

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