Im Detail

Doppelt hält besser

Wärmedämm-Verbundsysteme dauerhaft und schadenfrei befestigen

Text: Harald Keckeis | Foto (Header): © Tricky Shark – stock.adobe.com

Viele Schäden an Wärmedämm-Verbundsystemen resultieren aus einer unzureichenden Befestigung der Dämmplatten am Baukörper. So ärgern sich Bauherren über die deutlich sichtbare Abzeichnung von Dübeln und Dämmplatten, Verfärbungen oder Feuchteschäden. Ein Großteil dieser Schäden ist jedoch vermeidbar, wenn ein paar Regeln bei der Befestigung der Platten – am besten mit Verklebung und Dübel – berücksichtigt werden.

Auszug aus:

der bauschaden
Ausgabe August / September 2021
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WDVS, Wärmedämm-Verbundsystem – selten beschreibt eine Abkürzung so gut, was für die Anwendung und Verarbeitung eines Produkts wichtig ist:

  • Wärme – das WDVS soll die Außenwand vor Wärmeverlust schützen.
  • Dämmung – funktioniert über eine Dämmplatte wie EPS, Mineralwolle, Holzfaser usw.
  • Verbund – wichtig ist der Verbund aller Schichten untereinander mit Wand, Kleber, Dämmplatte und Deckschicht.
  • System – alle verwendeten Produkte sind aufeinander abgestimmt und werden als kompletter Bausatz auf die Baustelle geliefert.

Wenn sich die Auftraggeber und Verarbeiter an diese vier Punkte „WDVS“ halten, steht einer langlebigen Fassade nichts im Wege.

Grundvoraussetzungen

Der Einsatz eines WDVS hängt stark von der Architektur, der Lage und vom vorhandenen konstruktiven Fassadenschutz ab, wie z. B. einem Vordach oder der Attika-Ausbildung. Mit der richtigen Auswahl des Dämmstoffs, der Dicke der Armierungsschicht und Qualität des Deckputzes kann jedoch eine optisch ansprechende und langlebige Fassade hergestellt werden. Eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen dafür ist ein ausreichend fester und dauerhafter Verbund zwischen Dämmplatte und Untergrund, der mit drei Arten von Befestigungssystemen erreicht werden kann:

  1. rein geklebte Systeme
  2. geklebte und zusätzlich mechanisch befestigte Systeme
  3. nur mechanisch befestigte Systeme (Diese Systeme sind nicht Teil dieses Beitrags, da diese in der Praxis eine geringe Bedeutung haben.)

Grundlage für sämtliche statische Berechnungen ist die sogenannte Konsolentragwirkung. Dieses Trage-Modell funktioniert nur, wenn der Verbund aller Schichten dauerhaft vorhanden ist. Ein Kleber zwischen Dämmplatte und Untergrund hält durch die Klebewirkung und durch das Anschmiegen an die Oberfläche. Versagt die Verklebung, kann eine mechanische Befestigung die Hauptaufgabe auch für den vertikalen Lastabtrag übernehmen.

Der hochwertige Untergrund

Für eine dauerhafte Befestigung ist die Tragfähigkeit des Untergrunds ausschlaggebend. Deshalb sollte vor Beginn der Arbeiten der vorhandene Untergrund geprüft und für die mechanische Befestigung, also die WDVS-Dübel, Auszugsprüfungen durchgeführt werden.

Aus der Erfahrung gesprochen, kommt als dauerhaft tragfähiger Untergrund für eine reine Verklebung der Fassade nur eine neuwertige gemauerte Wand infrage. Alle anderen Untergründe wie Beton, bestehende Altputzschichten und dergleichen werden zusätzlich zur Verklebung gedübelt. Sie sind aber trotzdem geeignet, um dauerhaft Wärmedämmfassaden aufzunehmen. Wichtig ist: Vor dem Aufbringen der Fassade müssen sämtliche Wandbilder staubfrei und trocken sein.

 

Richtige Verlegung und Verklebung der Dämmplatten

Die Dämmplatten sind von unten nach oben, dicht aneinandergestoßen, im Verband zu verlegen und zu verkleben, wie es auch in den Verarbeitungsrichtlinien und Normen gefordert wird. Wichtig bei der Verklebung ist das Wort „Verbund“. Für eine optimale Verklebung zwischen Platte und Untergrund wird eine Kontaktfläche von mindestens 40 % gefordert, je nach Dämmstoffart kann sie auch größer sein. Der Untergrund muss für die Aufnahme einer Wärmedämmfas­sade eben genug sein, die Kleberdicke darf 20 mm nicht überschreiten. Achtung: Bei hohen Kleberstärken ist es schwierig, eine planebene Verlegung vorzunehmen. Ideal ist eine Kleberdicke von 10 ± 5 mm.

Für die Funktion des WDVS ist es wichtig, dass jede Platte durch eine Rand-Wulst-Verklebung so abgeschlossen ist, dass keine Luftzirkulation hinter den Dämmplatten entstehen kann. Durch das Ausgleichen von großen Unebenheiten im Untergrund und das Einsparen von Kleber kann es passieren, dass zwischen Dämmplatten und Mauerwerk Luftkanäle entstehen. In diesen Kanälen kann dann die Luft beginnen, hinter der Fassade zu zirkulieren. Die Dämmwirkung der Fassade geht durch diese Hinterlüftung verloren. Dabei entsteht Feuchtigkeitskonvektion, die bei Anschlüssen von Dächern und Untersichten massive Schäden an der Fassade, aber v. a. an der Dachkonstruktion verursachen kann. Bei Verwendung von hohen Dämmdicken, auch bei Passiv- und Niedrigenergiehäusern wird deshalb empfohlen, in jedem Geschossbereich oder unter Vordächern und Attika-Abschlüssen vollflächig geklebte Dämmplattenbahnen einzuziehen.

Eigentlich wäre eine vollflächige Verklebung die beste Lösung, um einen Verbund zu gewährleisten. Diese ist aber nur bei sehr planebenen Untergründen möglich und in der Praxis auch nur als Floating-Buttering-Verklebung (Kleber vollflächig an Wand und Platte).

Die Verklebung von Platten mit der sogenannten Punktverklebung ist die Mutter aller Bauschäden bei WDVS.

 

Die zusätzliche mechanische Befestigung

In den wenigsten Fällen ist der Untergrund so gesichert und durchgängig tragfähig, dass eine reine Verklebung für die Befestigung der Dämmplatten genügt. Korrekterweise wird der Dübel im WDVS als „zusätzliche mechanische Befestigung“ bezeichnet. In dieser Formulierung steckt auch wieder die wichtigste technische Funktion des Dübels: Er ist keine Absturzsicherung, obwohl diverse Prüfzeugnisse und dergleichen v. a. den Absturz bewerten. Die eigentliche Funktion des Dübels ist es, die Verklebung der Dämmplatten am Untergrund zu sichern und für einen dauerhaften Anpressdruck zu sorgen.

In erster Linie wichtig für die Wahl des Dübels ist die sogenannte Montagetauglichkeit der Befestigung und die dauerhafte Lastabtragung in den Untergrund, ohne dass der Dübel über die Jahre an Anpressdruck verliert, seine Länge verändert oder sich aus dem Bohrloch bewegt (Kriechverformung). Entscheidend ist die Längenänderung im eingebauten Zustand, die bei Dübeln mit Kunststoffschaft und -nagel eindeutig zu lang ist. Die Spreizzone des Dübels soll im Untergrund dauerhaft halten und Lasten aufnehmen können, ohne sich aus dem Bohrloch zu bewegen. Das schaffen aus meiner Erfahrung gesprochen nur geschraubte Dübel. Der Anpressdruck der Dämmplatte zum Untergrund kann dauerhaft nur mit einem stabilen Teller oder einer eingeklebten Hülse erfolgen.

Die bedeutendste Unterscheidung beim Dübel ist, ob es sich um einen Nageldübel oder um einen Schraubdübel handelt. Kaum weniger von Bedeutung ist, ob es sich um eine/n Kunststoffnagel/-schraube oder um eine/n Stahlnagel/-schraube handelt. Ausschlaggebend ist jedoch nur die sogenannte Montagetauglichkeit. Diese beschreibt den Halt im Untergrund über den Dämmstoff zum Dübelteller und ob vom Dübel alle Lasten dauerhaft aufgenommen werden können. Beim Versenken des Dübeltellers bündig im Dämmstoff kann sich beim Nageln des Dübels entweder die Spreizzone im Untergrund lösen oder der Schaft geknautscht werden. Ein direkter Lastabtrag ist dann nicht mehr möglich; der Dübel wackelt, wenn man ihn bewegt („Daumentest“). Ein guter Lasteintrag über den Dämmstoff in den Untergrund ist aus meiner Erfahrung dauerhaft nur mit einem geschraubten Dübel möglich.

 

Versenkte und oberflächenbündige Montage des Dübels

Ursprünglich wurden Dübelteller so ausgeführt, dass ein Durchgriff der Armierungsschicht durch genügend Löcher im Dübelteller möglich war. Die so entstandene Verbindung zwischen Dübelteller und Armierung verbesserte den Lastabtrag des Dübels über den Dämmstoff zum Untergrund. Das hat aber bei dünnen Deckschichtsystemen den Nachteil, dass die Tellerkonstruktion eine andere Wärmespeichermasse unter der Armierungsschicht aufweist, was zu verstärkten Abzeichnungen des Dübeltellers führen kann (Bild 3).

Dübelabzeichnungen wie im Bild 4 entstehen durch eine ungleiche Verschmutzung an der Oberfläche des Deckputzes, die aus ungleichen Schichtdicken im Armierungsputz resultieren. Durch das Auffüllen der Vertiefungen im Bereich der Dübelteller mit Mörtel oder Montageschaum entsteht ein ca. 60 mm großer Bereich, der mehr Feuchtigkeit aufnehmen, aber auch mehr Wärme speichern kann. Schmutz, aber auch Algen und Pilze zeichnen sich dort anders ab.

Um Dübelabzeichnungen an der Oberfläche des Deckputzes zu verhindern, werden bereits viele Systemdübel im Dämmstoff rund 20 mm tief versenkt und mit einer passenden Dämmstoff-Rondelle abgedeckt. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass der Dämmstoff über eine genügende Querzugsfähigkeit verfügt, wie es z. B. bei EPS der Fall ist, und Dübel verwendet werden, die trotz versenkter Montage dauerhaft den Kleberverbund am Untergrund sichern können. Das sind in erster Linie Dübel mit eingeklebter Hülse im Dämmstoff und Dübel mit ausreichend stabilen Dübeltellern.

Bei Dämmplatten wie Mineralwolle und anderen Dämmstoffen mit geringer Querzugfestigkeit müssen die Dübel oberflächenbündig montiert und dürfen nicht einfach versenkt werden. Die wenigsten Mineralwollplatten sind für die versenkte Montage ohne Zusatzteller geeignet. Hier können aber spezielle Teller eingesetzt werden, bei denen der Dübelkopf versenkt und über einen erhöhten Außenring trotzdem eine Verbindung zur Armierung hergestellt wird.

Wichtig ist, bei allen Dübeln bei der Montage zu prüfen, ob die Spreizzone im Untergrund hält und ob der Dübel nicht im Dämmstoff „verschwindet“, denn dann ist der Halt im Untergrund nicht kontrollierbar. Auch der dauerhafte Anpressdruck ist bei manchen Dübelsystemen ohne ausreichend stabilen Teller fraglich.

 

Plattenabzeichnungen

Plattenabzeichnungen sind ein sehr häufiges Schadensbild, das wir speziell bei WDVS-Fassaden aus EPS-Dämmplatten kennen. Für manche ist das ein optischer Schaden, für die, die hinter die Fassade schauen, ist es bereits ein Mangel. Wenn wir davon ausgehen, dass der Verbund zwischen Dämmplatte und Untergrund gewährleistet ist, dürfen sich die Dämmplatten an der Oberfläche nicht abzeichnen. Zeichnen sie sich dennoch ab, ist das ein Hinweis, dass sich die Dämmplatten bewegen können und der Verbund zum Untergrund nicht mehr vorhanden ist. Bei ausreichender Verklebung mit mindestens 40 % Kontaktfläche kann die Ursache dann nur im Versagen der Dübel liegen.

Bei Plattenabzeichnungen zeigen sich Plattenspannungen an der Oberfläche (Bild 7). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass – unabhängig von Windsoglasten – die Fassade bereits absturzgefährdet ist. Sie hält unter Umständen nur noch an Auflagen z. B. in den Fensterleibungen und über die armierten Hausecken des Gebäudes fest. Man muss jedoch erwähnen, dass bei sehr hohen Dämmdicken und dünnen Deckschichten die reine thermische Verformung der Dämmplatten ein ähnliches Schadensbild erzeugen kann. Um ein solches Schadensbild zu verhindern, ist der richtige Kleberauftrag sehr wichtig, und noch wichtiger ist es, bei der zusätzlichen mechanischen Befestigung auf den richtigen Dübel zurückzugreifen.

Die Sanierung von Plattenabzeichnungen ist beim WDVS ohne Abbruch der bestehenden Fassade möglich. Diese braucht nur mechanisch nachbefestigt und dann mit einer neuen Armierungs- und Deckschicht versehen zu werden.

 

Kissen- oder Matratzeneffekt

Das Bild des Kissen- bzw. Matratzeneffekts kennen wir von Fassaden mit geschäumten Dämmplatten. Er ist einer der häufigsten Schadensbilder bei Dämmplatten aus z. B. EPS oder XPS, der durch eine falsche oder unsachgemäße Befestigung entsteht. Er beweist, dass eine reine Bewertung der zusätzlichen mechanischen Befestigung (WDVS-Dübel), der statische Nachweis und eine Zulassung, die hauptsächlich den Absturz bewertet, nicht genügen.

Temperaturunterschiede zwischen Innen- bzw. Wandseite und Außenseite der Fassade rufen thermische Spannungen in den Dämmplatten hervor. Sind Dämmplatten mangelhaft am Untergrund befestigt, können sie sich in der Folge an den Ecken bzw. in der Mitte (Bauch) aufwölben. Deshalb ist es wichtig, die Befestigung der Dämmplatten dort anzubringen, wo diese Spannungen entstehen. So muss der Randbereich der Dämmplatten mit mindestens 40%iger Kontaktfläche verklebt werden. Wenn die Tragfähigkeit des Untergrunds für eine reine Verklebung nicht ausreicht, muss eine zusätzliche mechanische Befestigung ausgeführt werden. Beim Verdübeln ist bei geschäumten oder EPS-Platten unbedingt die T-Platten-Verdübelung vorzuziehen (Bild 9). Es sollten mindestens sechs Dübel pro m² gesetzt werden. Dübel, die keinen dauerhaften Anpressdruck erzeugen können, wie z. B. Schlagdübel, sind zur Vermeidung dieses Schadensbilds nicht geeignet.

 

Fazit

Wesentlich für die Dauerhaftigkeit von WDVS ist ein guter Verbund aller Schichten. Weitere Arbeitsschritte, wie Anschlüsse an Fenster, Wahl und Aufbringen der Armierung und des Deckputzes, Sockelausbildung usw., gehören ebenfalls gut geplant und sorgfältig ausgeführt. Dann wird das WDVS zu einem schönen Gestaltungselement und dient als guter Schutz der Außenwand.

Zur Person

Harald Keckeis

hat 25 Jahre Berufserfahrung in der WDVS-Branche und ist als Experte Mitglied im österreichischen Normungsinstitut Austrian Standards International. Seine Expertise bringt er zudem in der Mitarbeit an nationalen und internationalen Normen und Verarbeitungsrichtlinien zu WDVS ein.

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