Im Detail

Wasserstand und Wasserdruck

Qualifizierte geotechnische Beratung vermeidet Feuchteschäden

Text: Konrad Kuntsche | Foto (Header): © Diane – stock.adobe.com

Wasser ist nicht heimtückisch, denn eine bewusste Ausnutzung der „Wehrlosigkeit“ eines Bauwerks oder dessen Erstellers kann ihm natürlich nicht unterstellt werden. Wenn aber erfahrungsgemäß eine Vielzahl aller Bauschäden auf eine Wassereinwirkung zurückzuführen ist, drängt sich der Gedanke auf, dass Wasser ein besonderer Stoff sein muss. In diesem Beitrag werden anhand von Beispielen einige typische Fehler und daraus resultierende Schäden aufgezeigt, die bei qualifizierter geotechnischer Beratung vermeidbar sind.

Auszug aus:

der bauschaden
Ausgabe Juni / Juli 2021
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Das Baugrund- und Gründungsgutachten

Erdberührte Bauteile können unterschiedlichen Wassereinwirkungen ausgesetzt sein. Zur richtigen Ausgestaltung eines Bauwerks und seiner Abdichtung bedarf es auch geotechnischen Sachverstands, damit Feuchte- bzw. Nässeschäden (wie in Bild 1 zu sehen) vermieden werden. Gleichzeitig muss bei jedem Bauprojekt überlegt werden, was mit welcher Wahrscheinlichkeit eventuell misslingen kann: Hierzu bedarf es einer detaillierten und qualifizierten Risikoanalyse. Die Erfahrung zeigt, dass für diese insbesondere mögliche Einwirkungen von Wasser in den Blick zu nehmen sind.

Niederschläge versickern großteils im Boden, was dazu führt, dass man in unseren Breiten immer mit Bodenfeuchte rechnen muss. Reicht ein Bauwerksteil unter den Grundwasserspiegel, tritt neben dem Erd- auch ein Wasserdruck auf. Der Boden unter Wasser und das Bauwerk erfahren Auftriebskräfte. In aller Regel gibt es auch Potenzialunterschiede, die das Wasser strömen lassen. Zudem können Bauwerke Hindernisse darstellen, die zu einem Aufstau des Grundwasserstroms führen können. Der kapillare Wasseraufstieg in Böden und Baustoffen entgegen der Schwerkraft ist genauso bemerkenswert wie z. B. die Verflüssigung von Sanden bei entsprechenden Erschütterungen. Auch haben Rutschungen von dauerhaften bzw. bauzeitlichen Böschungen (z. B. bei Baugruben) und bei Hängen sehr oft mit der Einwirkung von Wasser zu tun.

Dem Geotechniker fällt die Aufgabe zu, die Baugrund- und Grundwasserverhältnisse zu untersuchen, zu beschreiben und hinsichtlich des jeweiligen Bauvorhabens zu bewerten. In einem qualifizierten geotechnischen Entwurfsbericht – dem Baugrund- und Gründungsgutachten – werden u. a. diverse Bemessungswasserstände angegeben. Zumindest zwei sind hier (als m ü. NHN) aufzuführen bzw., sofern nicht angegeben, vom Berichtsverfasser einzufordern:

  • der Bemessungswasserstand im Bauzustand
  • der Bemessungswasserstand im Endzustand

Diese Wasserstände liegen aufgrund der natürlichen Schwankungen des Grundwasserstroms bzw. möglicher Hochwasserstände in aller Regel unterschiedlich hoch. Der Bemessungswasserstand im Bauzustand ist der höchste zu erwartende Wasserstand, auf den ein Bauwerk oder eine Bauhilfsmaßnahme für das Zeitfenster der Bauphase zu bemessen ist. Im Endzustand ist das der höchste Wasserstand, der in der Lebensdauer das Bauwerks möglich ist.

Aber Achtung: Auch, wenn die natürlichen Wasserstände tiefer als die Gründungssohlen der Bauwerke liegen, kann es dennoch einen Bemessungswasserstand geben, der das Bauwerk bzw. sogar die Geländeoberfläche erreicht. Dies ist der Fall, wenn die Baugrube in einem Wasserstauer – in gering wasserdurchlässigen Böden (Tone, Schluffe oder auch schluffige Sande) – liegt und das Sickerwasser, welches bei Niederschlägen anfällt, sich in der Baugrubenrückverfüllung aufstaut. In diesem Fall ist die Wasserdurchlässigkeit der Rückverfüllung immer größer als im gewachsenen Baugrund und der Porenraum so beschaffen, dass er sich bei einem entsprechenden Niederschlagsereignis rasch auffüllt. Das Bauwerk wird dann von drückendem Wasser beansprucht und erfährt einen entsprechenden Auftrieb.

Nun kann in einem solchen Fall auch eine funktionssichere Dränanlage eingebaut werden, die einen Sickerwasseraufstau verhindert und sicherstellt, dass das Bauwerk nur gegen nicht drückendes Wasser bzw. Bodenfeuchtigkeit abgedichtet werden muss. Eine solche Abdichtung ist bei den meisten Bauwerken ohnehin erforderlich und weniger aufwendig als eine gegen drückendes Wasser. Dränagen haben aber auch Nachteile: Sie müssen richtig hergestellt und später auch gewartet werden. Es kann sogar eine Hebeanlage erforderlich werden. Wenn keine sichere Vorflut vorhanden ist, kommt eine Dränung gar nicht infrage. So ist es in vielen kommunalen Entwässerungssatzungen ausdrücklich verboten, Wasser aus Dränagen in die Kanalisation einzuleiten.

Ein vorliegendes Baugrund- und Gründungsgutachten kann durchaus unzureichend und/oder falsch sein. Dafür kann es mehrere Gründe geben: Es werden die geologischen und hydrologischen Verhältnisse vor Ort nicht oder nur unzureichend berücksichtigt, es fehlt an bautechnischen und/oder bodenmechanischen Kenntnissen, es werden unpassende Textbausteine zusammengewürfelt oder es fehlt eine interne Qualitätssicherung. Schäden ergeben sich selbstverständlich auch deswegen, weil auf eine geotechnische Fachberatung ganz verzichtet wird. Und es kommt zuweilen vor, dass geotechnische Gutachten schlicht nicht berücksichtigt werden. Mit der geotechnischen Beratung allein ist es auch nicht getan. So sollte die sich anschließende Bauausführung entsprechend fachtechnisch begleitet bzw. überwacht werden.

 

Entwässerungsplanung

Wenn anfallendes Regenwasser auf einem Grundstück versickern soll oder muss, bedarf es auch hierzu geotechnischer Beratung. Auf einen weiteren und wichtigen Planungsaspekt soll hier nur kurz eingegangen werden: Nach Meinung vieler Experten ist infolge des Klimawandels damit zu rechnen, dass Starkniederschläge viel häufiger auftreten und dass deswegen auch der Grundstücksentwässerung größere Bedeutung zukommt. In der DIN 1986-100 [1] werden technische Bestimmungen für die Planung, den Bau und Betrieb und die Instandhaltung von Entwässerungsanlagen behandelt. Hier wird auch auf den neuerdings zu führenden Überflutungsnachweis eingegangen: So muss bei Grundstücken mit über 800 m² abflusswirksamer Fläche die Sicherheit gegen schadlose Überflutung rechnerisch nachgewiesen werden. Aber auch für kleinere Flächen empfiehlt sich dieser Nachweis. Er zeigt, dass die Differenz der Regenwassermenge eines (mindestens) 30-jährigen Ereignisses und eines 2-jährigen Bemessungsregens ohne Schaden auf dem Baugrundstück zurückgehalten werden kann. Dies wird konstruktiv durch entsprechende Mulden, Rückhaltebecken oder Borde sichergestellt.

 

Anforderungen an die Bauwerksabdichtung

Der Feuchteschutz ist ein wesentlicher Teil des Bautenschutzes, dessen Planung bei erdberührten Bauwerken auf qualifizierten geotechnischen Untersuchungen basieren sollte.

Das Eindringen von Wasser und Gasen erfolgt über die Poren der Baustoffe. Je kleiner diese sind, desto besser wird ein Eindringen verhindert. Abdichtungsstoffe weisen dementsprechend sehr geringe Porengrößen oder geschlossene Poren auf. Dabei unterscheidet man grundsätzlich Hautabdichtungen von wasserundurchlässigen Konstruktionen aus Stahlbeton. Bei Neubauten bietet es sich an, Hautabdichtungen von außen aufzutragen. Innenabdichtungen kommen infrage, wenn die Außenwand nicht mehr zugänglich ist. Sofern außen nicht allseitig abgedichtet wird, sind auch horizontale Abdichtungen wichtig, um einen Aufstieg des Wassers innerhalb einer Kellerwand zu verhindern. Fugen und Rohrdurchführungen stellen Schwachpunkte dar, die gesondert in den Blick zu nehmen sind.

In der DIN 18533-1 [2] werden die Anforderungen und Grundsätze für die Planung und Ausführung der Abdichtung erdberührter Bauteile behandelt, im Teil 2 bahnenförmige Abdichtungsstoffe, im Teil 3 die flüssig zu verarbeitenden Abdichtungen. Zur Planung und Ausführung der Abdichtung von erdberührten Bauteilen mit bahnenförmigen und flüssig zu verarbeitenden Abdichtungsstoffen werden die jeweils geltende

  • Wassereinwirkungsklasse,
  • Rissklasse,
  • Rissüberbrückungsklasse,
  • Raumnutzungsklasse und die
  • Zuverlässigkeitsanforderung

bestimmt bzw. festgelegt. Dabei werden folgende Wassereinwirkungsklassen unterschieden:

  • W1-E Bodenfeuchte und nicht drückendes Wasser, Dränung
  • W1.1-E Bodenfeuchte bei Bodenplatten, Abdichtungsebene ≥ 50 cm über dem Bemessungswasserstand
  • W1.2-E Bodenfeuchte und nicht drückendes Wasser bei erdberührten Wänden und Bodenplatten mit Dränung, Bemessungswasserstand ≥ 30 cm tiefer
  • W2-E Drückendes Wasser (Grundwasser, Hochwasser, Stauwasser)
  • W2.1-E Mäßige Einwirkung von drückendem Wasser bis 3 m Ws
  • W2.2-E Hohe Einwirkung von drückendem Wasser < 3 m Ws
  • W3-E Nicht drückendes Wasser auf erdüberschütteter Decke
  • W4-E Spritzwasser und Bodenfeuchte am Wandsockel sowie Kapillarwasser in und unter Wänden

Die Wahl der Abdichtungsbauart hängt neben den Wassereinwirkungsklassen auch von der Beschaffenheit der Wände und Bodenplatte ab, an denen gegebenenfalls Risse überbrückt werden müssen. So müssen Hautabdichtungen nicht nur dicht genug, sondern auch beständig, dauerhaft und zuverlässig sein. In den Teilen 2 und 3 der DIN 18533 [2] werden die je nach Wassereinwirkungsklasse geeigneten Bauarten und Aufbauten der Abdichtungen angegeben.

Statt Hautabdichtungen wird in zunehmendem Maß wasserundurchlässiger (WU-)Beton hergestellt. Für Untergeschosse in dieser Bauweise wird oft der Begriff „Weißen Wanne“ genutzt. Weiße Wannen können in Ortbeton mit einer Systemschalung oder mit vorgefertigten Elementwänden (gegebenenfalls ausbetoniert) hergestellt werden.

Für die Bauweise mit WU-Beton ohne gesonderte Hautabdichtung gilt die WU-Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton [3]. In der Beanspruchungsklasse 1 darf auch drückendes, zeitweise aufstauendes und nichtdrückendes Wasser einwirken, in der Klasse 2 hingegen nur Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser. Als wasserundurchlässig wird ein Beton bezeichnet, der so dicht ist, dass die größte Wassereindringtiefe bei einer normierten Prüfung nach DIN 1048 bzw. ENV 206 ein bestimmtes Maß nicht überschreitet. Bei fachgerechter Ausführung ergeben sich Eindringtiefen von nur 10 bis 20 mm. WU-Beton ist gegen schwachen chemischen Angriff nach DIN 4030 und (je nach Zusammensetzung und verwendetem Zuschlag) auch gegen Frost widerstandsfähig.

Um jedoch eine funktionierende Weiße Wanne zu erstellen, bedarf es neben den betontechnologischen Grundlagen einer Reihe planerischer und ausführungstechnischer Voraussetzungen sowie einer qualifizierten Fachbauleitung. Weiße Wannen sind vorteilhaft v. a. wegen ihrer hohen Funktionssicherheit, der geringen Witterungsempfindlichkeit, der kürzeren Bauzeit und oft auch wegen niedrigerer Kosten. Ferner können auch Fehlstellen meist leicht geortet und saniert werden. WU-Beton ist jedoch nicht wasserdampfdicht. Bei höherwertiger Nutzung können hier weitere Aufwendungen notwendig werden, z. B. eine zusätzliche, innen liegende Abdichtung.

 

Beispiele

Selbst wenn Kenntnisse zu den örtlichen Baugrund- und Grundwasserverhältnissen vorliegen und man weiß, wie Bauwerke abzudichten sind, kann es noch Überraschungen geben. Mit den nachfolgenden Beispielen ist die Hoffnung verknüpft, dass deren Lektüre hilft, mögliche Fehler zu vermeiden und auf weitere Details zu achten.

 

Aufstauendes Sickerwasser

In einer größeren Eigentumswohnanlage in leichter Hanglage war trotz der abgedeckten Lichtschächte (Bild 2) Wasser durch die Kellerfenster in den WU-Beton-Keller eingedrungen. Zur Sanierung dieses Schadens wurden Lichtschächte aus Stahlbeton eingebaut und mit einer druckwasserdichten Entwässerungsleitung versehen.

Im späteren Rechtsstreit wurde Sachverständigenbeweis erhoben. Der Sachverständige befasste sich auch mit dem für das Bauvorhaben erstellten Baugrund- und Gründungsgutachten. Dieses empfahl, „(…) die Bodenplatte sowie die hangzugewandten erdberührten Außenwände des Untergeschosses als so genannte ‚Weiße Wanne‘ auszubilden (…). Alternativ (…) können die hangzugewandten erdberührten Untergeschossaußenwände auch durch eine Schwarzabdichtung nach DIN 18195 (Stand August 2000, Anm. d. Verf.) gegen Feuchtigkeit geschützt werden.“ Auf Basis dieser Aussagen wurden Kunststofflichtschächte ausgeführt, die unten über eine darunterliegende Kiespackung geöffnet waren. Folglich konnte aufstauendes Sickerwasser von unten in die Lichtschächte eindringen. Die Baugrundverhältnisse waren hinsichtlich der gering wasserdurchlässigen Böden zwar richtig beschrieben, allerdings fehlte im Gutachten die Angabe des Bemessungswasserstands bzw. der Hinweis auf den hier möglichen Sickerwasseraufstau. Das Sickerwasser kann sich in den rückverfüllten Arbeitsräumen der Baugrube bis zur Geländeoberfläche aufstauen – wenn es nicht vorher über die Kellerfenster in unerwünschter Weise in den Keller hineinläuft. Hier hätten alle Außenwände, nicht nur die dem Hang zugewandten, gegen drückendes Wasser (nicht gegen Feuchtigkeit) abgedichtet werden müssen. Zudem müssen auch die Lichtschächte entweder wasserdicht sein und abgedeckt werden oder eine rückstaufreie, druckwasserdichte Entwässerung ermöglichen (Bild 4).

 

Bemerkenswerte Folgen einer Umplanung

Nach der Errichtung eines großzügigen Einfamilienhauses in leichter Hanglage entwickelte sich ein Rechtsstreit. Ein Berater hatte zur Verbesserung des Raumklimas vorgeschlagen, die Außenwände des Kellergeschosses statt in Beton mit Porotonsteinen errichten zu lassen. Die Bauherrschaft ging auf diesen Vorschlag ein, die Porotonwände wurden bituminös abgedichtet und die Arbeitsräume der Baugrube verfüllt.

Nachträglich stellte man Undichtigkeiten fest und legte den Keller wieder frei. Ein neu beteiligter Tragwerksplaner war nun der Auffassung, dass das Mauerwerk den Erddruck gar nicht mit ausreichender Sicherheit aufnehmen konnte. Der frühere Tragwerksplaner hatte die Umplanung von Beton in Mauerwerk statisch nicht untersucht. Es wurde daraufhin eine rings um das Haus verlaufende Spundwand errichtet, die sich an der Bodenplatte und der Kellerdecke abstützt. Dadurch wurden die Außenwände vom Erddruck entlastet. Im Rechtsstreit sollte der erste Tragwerksplaner für die Kosten der Sanierung aufkommen. Ein Sachverständiger sollte im Auftrag des Gerichts zunächst klären, ob der Keller tatsächlich (ohne Spundwand) nicht standsicher war. Ebenso sollte er feststellen, ob es technisch mögliche, bauordnungsrechtlich zulässige und architektonische akzeptable alternative Sanierungsmöglichkeiten gibt.

Hierbei kam es zunächst darauf an, den einwirkenden Erddruck genauer abzuschätzen. Eine Anwendung der gängigen Erdruckformeln war hier jedoch falsch, weil der gewachsene Baugrund kleinere Scherparameter aufwies als die Rückverfüllung. Zunächst war hier ein möglicher Verdichtungserddruck nicht maßgebend. Die zu betrachtende Gleitfuge lag in der Baugrubenböschung und die resultierende Erddruckkraft war grafisch zu ermitteln. Wegen der aussteifenden Wirkung der Kellerdecke musste der Erddruck umgelagert werden. Die hangseitige Kellerwand konnte den Erddruck nicht mit ausreichender Sicherheit aufnehmen, weil die zulässige Ausmitte im Mauerwerk rechnerisch überschritten wurde. Der Sachverständige stellte ferner fest, dass dieser unzulässige Zustand durch eine Verstärkung der Wand, eine Abschirmung des Erddrucks von der Wand, eine Verringerung des Erddrucks oder durch eine Kombination dieser Varianten hätte verändert werden können. Als kostengünstigste Sanierungsvariante kam eine teilweise Verfüllung des Arbeitsraums mit einem Blähton infrage, mit welcher sich der Erddruck entsprechend reduziert.

 

Ein Neubau mit einigen Überraschungen

In einem Neubaugebiet wurden für ein geplantes unterkellertes Einfamilienhaus (Bild 4) nach der Klärung der Kampfmittelfreiheit Baugrunderkundungen durchgeführt. Bild 5 zeigt ein Bohrprofil einer Kleinbohrung und ein Stufendiagramm einer Sondierung mit der schweren Rammsonde.

Die Erschließungsstraße liegt etwa 1,9 m höher als die Geländeoberfläche des ebenen Baugrundstücks, die bei 96,0 m ü. NHN eingemessen wurde. Der Keller soll in Massivbauweise errichtet werden. In ihm ist auch ein Arbeitszimmer mit einem größeren Fenster und einem Lichthof geplant. Das Wohnhaus, ein Fertighaus in Holzständerbauweise, verfügt über ein Erdgeschoss und ein ausgebautes Dachgeschoss. In Bild 6 ist die Höhenlage des Fertigfußbodens im Erdgeschoss (rot strichliert) und die Oberkante des Rohfußbodens im Keller (schwarz strichliert) zu sehen.

Aus der geologischen Karte ist bekannt, dass sich unter dem Grundstück Torfe in einem verlandeten Flusslauf gebildet haben und die älteren Flusssande (des Rheins) bis in sehr große Tiefen reichen. In einem ersten Baugrund- und Gründungsgutachten wurde eine Pfahlgründung empfohlen. Der Bauherr hat dann einen zweiten Geotechniker angefragt, der eine Plattengründung vorschlug. Ein dritter Sachverständiger studierte die beiden Gutachten und stellte fest, dass beide Vorgänger übersehen hatten, dass das Gelände um etwa 2 m aufgefüllt werden sollte. Bei großflächigen Auffüllungen wird die Spannungserhöhung im Baugrund mit der Tiefe kaum kleiner, was bei Torfen zu erheblichen Setzungen führt. Aufgrund der Rinnenstruktur der Torfbildungen treten zudem nennenswerte Setzungsunterschiede auf. Für die hier notwendige Pfahlgründung war auch die sogenannte negative Mantelreibung zu berücksichtigen.

Bezüglich der Wassereinwirkungen war festzustellen: Der Bemessungswasserstand im Endzustand wäre ohne eine Dränage wegen der wasserstauenden Böden zunächst einmal an der künftigen Geländeoberfläche anzunehmen. Die erdangeschütteten Kellerwände müssten auf diesen Wasserdruck bemessen werden. Die Kellerfenster müssten wasserdicht ausgeführt werden, wenn keine sichere Vorflut für die Entwässerung der Lichtschächte möglich ist oder die Lichtschächte abgedeckt und wasserdicht an die Kellerwände angeschlossen werden. Weiter sind entsprechende Auftriebsnachweise für das Wohnhaus, die Zisterne und die Schächte zu führen. Aufgrund der leichten Bauweise dürfte der Auftriebsnachweis für das Wohnhaus nur mit konstruktiven Maßnahmen gelingen.

Wie ist nun sicherzustellen, dass sich der Lichthof auch beim Katastrophenregen nicht mit Wasser auffüllt? Hier kommt ein Aspekt ins Spiel, der zuvor noch nicht erwähnt wurde: die Rückstausicherung. Die öffentliche Entwässerung ist nicht dafür ausgelegt, auch den Katastrophenregen abzuführen. Das bedeutet, dass sich bei entsprechend hohen Niederschlägen die Kanäle füllen und das Wasser an der Straßenoberfläche austritt. In unserem Fall liegt die Rückstauebene bei 97,87 m ü. NHN (Bild 5). Im Keller des Neubaus ist deswegen auch eine Rückstauschleife vorgesehen, die mit einer Hebeanlage überwunden wird.

Regenwasser, welches im Lichthof vor dem Kellerfenster anfällt, muss gefasst und rückstausicher abgeleitet werden. Das bedeutet, dass bei Starkniederschlägen für den Lichthof eine Rückstausicherung erforderlich ist. Baut man nur eine Klappe ein, kann das im Lichthof niedergehende Wasser nicht mehr abfließen und in den Keller eindringen, wenn das Kellerfenster zwar geschlossen, aber nicht wasserdicht ist. Im Fall des Starkniederschlags würde das Wasser bei gefüllter Zisterne auch aus den Regenfallrohren an der Geländeoberfläche austreten. Rückstauverschlüsse haben zudem den Nachteil, dass sie eventuell nicht funktionieren, wenn man sie braucht. Für eine sichere Entwässerung des Lichthofs müsste auch hier eine Hebeanlage eingebaut werden, mit der das Niederschlagswasser über eine Rückstauschleife geführt wird. Damit können auch die Lichtschächte an die Entwässerung des Lichthofs mit angeschlossen werden.

Nun könnte man auf den Gedanken kommen, auch den Sickerwasseraufstau bis zum Niveau des Lichthofs zu begrenzen. Dazu kann eine Dränage eingerichtet werden: Ein geschlitztes Dränrohr mit DN 100 wird mit Gefälle um das Haus verlegt. An den Ecken werden 300er Kontrollschächte eingebaut, um die Dränage bei Bedarf freispülen zu können. Aber Achtung: Dränwasser darf satzungsgemäß oft nicht in die öffentliche Entwässerung eingeleitet werden. Also wird man auftriebssicher besser so bauen, dass das Sickerwasser dann doch überall bis zur Geländeoberfläche ansteigen darf. Dazu müssen die Kellerfenster geschlossen und wasserdicht sein.

 

Was lernen wir?

In der Baupraxis wird der geotechnischen Beratung noch zu wenig Beachtung geschenkt – und dies, obwohl die Ergebnisse projektbezogener Baugrunduntersuchungen vom Sachverständigen für Geotechnik im Geotechnischen Entwurfsbericht zu dokumentieren und sogar bauaufsichtlich vorgeschrieben sind. Eine Prüfpflicht geotechnischer Gutachten gibt es jedoch nicht.

Bei der Planung und Errichtung von erdberührten Bauwerken bedarf es neben der Definition von Bemessungswasserständen und der Beachtung des neueren Regelwerks zur Entwässerungsplanung und Abdichtung auch Überlegungen zur Erdruckermittlung, zur Auftriebssicherung, zur Entwässerung von Lichtschächten sowie zur Ausgestaltung von Rückstau- und Überflutungssicherungen. Dabei sollte abschließend zumindest ein Gesichtspunkt im Gedächtnis bleiben: Wasser ist nicht heimtückisch – wenn bei erdberührten Bauteilen auf qualifizierte geotechnische Beratung und die sich daraus ergebenden weitergehenden Planungen geachtet wird.

Literatur

[1] DIN 1986-100:2016-12 Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056

[2] DIN 18533:2017-07 Abdichtung von erdberührten Bauteilen; Teil 1: Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze; Teil 2: Abdichtung mit bahnenförmigen Abdichtungsstoffen; Teil 3: Abdichtung mit flüssig zu verarbeitenden Abdichtungsstoffen

[3] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb): Richtlinie Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton, Ausgabe 2017-12

Zur Person

Prof. Dr.-Ing. Konrad Kuntsche

ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie Schäden an Gebäuden.

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